Mikaela Shiffrin weinte nicht mehr, sie lachte nur noch. «Ich bin wirklich enttäuscht und frustriert», sagte die amerikanische Ausnahmeathletin nach ihrem nächsten Debakel bei den Olympischen Winterspielen in China. Aber irgendwie fühle sich das Ganze nur noch «wie ein Witz» an.
Nachdem sie schon im Riesenslalom und im Slalom früh ausgeschieden war, fädelte die 26-Jährige am Donnerstag auch im Slalom der alpinen Kombination am 13. Tor ein und kam nicht ins Ziel. Nicht einen technischen Lauf brachte sie bei diesen Spielen bislang den Hang hinunter. Stattdessen gingen ihre Medaillenträume auf der Strecke «Ice River» alle den Bach hinunter.
Gold in der Kombination, in der keine deutsche Athletin am Start war, sicherte sich wie schon 2018 in Pyeongchang die Schweizerin Michelle Gisin. Silber ging an ihre Landsfrau Wendy Holdener, Bronze an die Italienerin Federica Brignone. Shiffrin, die in ihrer Karriere schon drei Olympia-Medaillen gewonnen hat, ging als Mitfavoritin in sämtlichen Einzelwettbewerben in China leer aus. Ihre einzige Chance, überhaupt noch Edelmetall mitzunehmen, ist das Teamevent am Samstag.
Shiffrin hofft auf den Mannschaftswettbewerb
«Ich kann nicht sagen, wie frustriert ich darüber bin, nicht zu wissen, was ich aus diesem Tag lernen soll», sagte Shiffrin nach ihrem Aus in der Kombination. Sie könne es sich einfach nicht erklären. Natürlich habe sie hier bei Olympia Druck gehabt, sagte sie. Aber der sei nicht größer als sonst und daher nicht das Problem gewesen. Auch nicht die längere Wettkampf- und Trainingspause, die sie infolge einer Corona-Infektion im Dezember hatte einlegen müssen.
Nach den Plätzen neun und 18 im Super-G und in der Abfahrt wirkte die langjährige Alpin-Dominatorin in Yanqing wieder etwas gefestigter als in den Tagen zuvor, in denen sie viele Tränen vergossen hatte. In der Abfahrt der Kombination erarbeitete sie sich auf den Ski, die sie von der Olympia-Zweiten Sofia Goggia aus Italien bekommen hatte, als Fünfte eine gute Ausgangsposition für den entscheidenden Slalom. In ihrer Paradedisziplin, in der sie schon vier WM-Titel und sage und schreibe 47 Weltcup-Siege gefeiert hat, patzte sie dann aber wieder.
Hasskommentare in sozialen Medien: «Dumme Blondine»
Im Netz schlug ihr daraufhin offenbar der Hass entgegen. Mehrere Stunden nach dem Rennen veröffentlichte Shiffrin mutmaßlich gegen sie gerichtete Kommentare und Beleidigungen im Internet. In den sozialen Medien publizierte sie kommentarlos mehrere Screenshots von Zitaten. Darin heißt es unter anderem «Kann nicht mit Druck umgehen», «Arrogant», «Du hast bekommen, was du verdienst» oder «Dumme Blondine». Die Amerikanerin erklärte jedoch nicht, um welche Art von Nachrichten es sich handelt und wo oder wie diese verschickt wurden.
Auf der Piste wirkte es zuvor als habe Shiffrin, über Jahre hinweg die Konstanz in Person, im chinesischen Stangenwald die Orientierung verloren. Als wäre ihr Kompass, der sie sonst immer so verlässlich von Erfolg zu Erfolg geführt hat, kaputt gegangen. «60 Prozent der Ausfälle meiner ganzen Karriere sind hier bei diesen Olympischen Spielen passiert», rechnete sie vor. «Ich sollte wahrscheinlich einfach aufhören», scherzte sie. Stattdessen werde sie aber für den Mannschaftswettbewerb trainieren. Er ist die letzte Chance auf ein halbwegs versöhnliches Ende ihres persönlichen olympischen Alptraums.