Eine Schneekanone steht im Olympiastadion in Garmisch-Partenkirchen. Sieht so das Skispringen der Zukunft aus? (Urheber/Quelle/Verbreiter: Hartmut Reeh/dpa)

Erstmals Matten zum Start, ein Novum zum Ende: Bei den Skispringern gilt in diesem Winter das Motto «früher anfangen, später aufhören».

Wenn an diesem Wochenende im WM-Ort Planica zum ersten Mal in der Geschichte des Weltcups Wettbewerbe im April stattfinden, haben Tage mit 20 Grad und acht Sonnenstunden den Schnee im slowenischen Tal der Schanzen auf ein Minimum zusammenschmelzen lassen. Doch für Olympiasieger Andreas Wellinger und Co. ist das nicht mehr so wichtig, denn ihre Sportart befindet sich auf dem besten Weg zu einer schneeunabhängigen Ganzjahres-Sportart.

«Stand jetzt wird das mehr und mehr kommen. Der Schnee wird immer weniger, man muss ein bisschen ökologisch denken. Es gibt ja schon Schanzen, auf denen auch im Winter auf Matten trainiert wird», sagte Bundestrainer Stefan Horngacher der Deutschen Presse-Agentur. Sogar im Weltcup ist der farbliche Tapetenwechsel von weißem Kunstschnee auf grüne Matten problemlos möglich, wie der erstmalige Versuch beim Weltcup in Wisla im November 2022 bewies.

Grüne Matten statt Schnee: «Sicher die Zukunft»

Der früheste Saisonstart der Geschichte war zwar der Fußball-WM in Katar geschuldet, doch die XXL-Saison mit insgesamt fünf Monaten Dauer ist ein klares Signal für die Zukunft, die nicht mehr nur im Winter liegen muss. Rennleiter Sandro Pertile hat seine Visionen schon vor diesem Winter zum Ausdruck gebracht, als er sagte: «Mein Modell ist das der Formel 1, sie ist eine globale Sportart – und das ist mein Ziel für das Skispringen der nächsten zehn Jahre.» Eine Formel 1 wird das Skispringen in Zeiten des Klimawandels wohl eher nicht mehr, wenn man auf Schnee und Kälte angewiesen ist.

Darum könnte es auf den Schanzen schneller auf die Matten gehen als noch vor ein paar Jahren gedacht. «Das ist im Skispringen sicher die Zukunft, das macht uns ein Stück unabhängiger», sagte Horngacher. Der 53 Jahre alte Tiroler sieht die Entwicklung allerdings nicht nur positiv. Die Strapazen mit Reisen und insgesamt über 40 Wettbewerben seien «enorm», sagte Horngacher. «Die Herausforderungen sind wirklich hoch. Es geht kräftemäßig schon ans Eingemachte, weil wir auch unter der Woche viele Wettbewerbe haben.»

DSV plädiert für Sommer-Events

Immerhin: Wenn am Sonntag die letzten Flüge in Planica erledigt sind, steht eine lange Pause bis zum nächsten Winter an. Der Sommer-Grand-Prix hat in den vergangenen Jahren an Bedeutung eingebüßt. Auch eigenverschuldet, wie Horngacher urteilt: «Mittlerweile wird er oftmals missbraucht für irgendwelche anderen Shows, wie in Frankreich für eine nationale Flugshow. Da muss man sich überlegen: Macht man das anständig oder lässt man es ganz weg?»

Ganz weglassen wäre eigentlich nur eine Option, wenn der Weltcup künftig ganzjährig stattfindet. Mit dem aktuell verschenkten Potenzial im Sommer will man sich nicht zufriedengeben – vor allem nicht beim Deutschen Skiverband (DSV), der seine teuer hergerichteten Anlagen gerne auch in den wärmeren Monaten besser genutzt sähe.

Teammanager Horst Hüttel schlug deshalb vor, die Tournee-Orte Oberstdorf, Garmisch-Partenkirchen, Innsbruck und Bischofshofen auch für ein gemeinsames Sommerevent zu gewinnen. «Es wäre für die Bevölkerung und die Außendarstellung besser darstellbar, wenn es hier auch Sommer-Events geben würde. Ich finde die Idee interessant, viele andere auch», sagte Hüttel. Die Idee: Skisprung-Wettbewerbe werden so reizvoller für die Topathleten. Die Veranstaltungen in den auch im Sommer gut besuchten Touristenorten könnten durch Konzerte am Abend aufgewertet werden, wie Hüttel vorschlug.

Von Patrick Reichardt und Thomas Eßer, dpa

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