Nach dem größten Sieg seiner Karriere stand Pius Paschke verdutzt im Auslauf und wusste nicht, was er sagen sollte. Inmitten der Schweizer Berge rang der 33 Jahre alte Premierensieger um jedes Wort. «Das war jetzt ein bisschen viel. Gewonnen, aber es war alles ein bisschen viel. Wahnsinn», stammelte Paschke, der bei den deutschen Skispringern der Teamsenior ist.
Der ganz lange Weg mit vielen Rückschlägen und ohne die ganz großen Einzelerfolge erfuhr am Samstag in Engelberg eine vorläufige Krönung. Sein Sieg lässt Paschke zudem in die Riege der Favoriten für die Vierschanzentournee aufsteigen. Zur Feier des Tages kündigte er eine Runde Bier «für alle» an. «Alles, was darüber hinaus geht, ist nicht mehr meine Verpflichtung. Ich packe eh nicht mehr», sagte Paschke.
Auch Bundestrainer Stefan Horngacher war begeistert. «Unglaublich von Pius heute. Das hat sich aber schon angebahnt. Er springt seit Anfang der Saison auf hohem Niveau. Heute war einer der besten Sprünge, den ich jemals von ihm gesehen habe», sagte Horngacher im ZDF. Ganz vorne zu stehen, sei «sehr, sehr schwer» in der aktuell dicht gedrängten Spitze.
Permanent Schattenmann
«Pius ist es wunderbar gelungen», fügte Horngacher an. Paschke flog als Halbzeit-Sechster im zweiten Durchgang an der Weltspitze um Stefan Kraft und Andreas Wellinger vorbei. Er reagierte fast ungläubig, als sein Erfolg perfekt war. Norwegens Marius Lindvik wurde Zweiter, der Gesamtführende Kraft kam auf Rang drei.
Der eher introvertierte Paschke aus dem bayerischen Kiefersfelden ist die Überraschung dieses Winters. Er gehört zwar seit Jahren zum Team, stand aber permanent im Schatten von Wellinger, Markus Eisenbichler oder Karl Geiger. Das ist nun anders. Erst vor drei Wochen im finnischen Ruka hatte Familienvater Paschke erstmals den Sprung aufs Einzelpodest geschafft.
«Hut ab»
Nun darf er sich tatsächlich Weltcup-Sieger nennen. «Es ist eine Mischung aus allen Gefühlen: Erleichterung, realisieren. Alles in allem ist es schön, weil man es so mitnehmen darf. Das kommt nicht so oft vor, bei mir auch recht spät. Umso schöner, dass ich jetzt in der Situation mal bin», sagte er, als sich die erste Euphorie gelegt hatte.
«Hut ab vorm Pius. Ich glaube es nicht», sagte Ex-Skispringer Severin Freund im ZDF. Leidtragender des zweiten Durchgangs war Olympiasieger Wellinger, der von Rang eins auf Platz zwölf durchgereicht wurde. Paschkes Sieg war der dritte deutsche Erfolg in Serie, nachdem Karl Geiger zuletzt beide Wettbewerbe in Klingenthal für sich entschieden hatte. Bei sieben Springen gelangen dem Team von Chefcoach Horngacher insgesamt neun Podestplätze.
Nicht bei allen deutschen Athleten lief es so gut wie bei Paschke. Philipp Raimund wurde bereits im ersten Durchgang disqualifiziert. Die im bisherigen Saisonverlauf starken Geiger (124 und 128 Meter) auf Rang 20 und Stephan Leyhe (122,5 und 123,5 Meter) als 26. blieben in dem malerischen Ort am Fuße des Titlis hinter den Erwartungen zurück. «Ich bin nicht sauber ins Flugsystem gekommen. Das war so nicht geplant», sagte Geiger. Das Einzel am Sonntag (16.00 Uhr/ZDF und Eurosport) ist die Generalprobe für die Tournee, die am 29. Dezember in Oberstdorf beginnt.