Erst schrie Sophia Schneider vor Begeisterung, dann kullerten der Schlussläuferin der deutschen Biathlon-Staffel Freudentränen die Wange herunter.
Nur wegen des Ausfalls von Schlussläuferin Franziska Preuß kam die 26-Jährige überhaupt bei der Weltmeisterschaft in Nove Mesto zum Einsatz und führte das Quartett völlig überraschend vom fünften Platz noch zur Bronzemedaille.
«Auf der letzten Runde war es wie im Film», sagte Schneider im ZDF. Für sie und ihre Teamkolleginnen Janina Hettich-Walz, WM-Debütantin Selina Grotian sowie Vanessa Voigt war es ein ständiges Auf und Ab – mit einem glücklichen Ende. «Ich habe einfach keine Worte dafür», sagte Voigt. «Hut ab vor Sophia, dass sie den letzten Schuss noch so reinsetzt. Ich glaube, wir haben uns das mehr als verdient.»
Bei der nächsten Machtdemonstration Frankreichs landete nur Schweden noch vor den DSV-Athletinnen, die sich insgesamt neun Nachlader leisteten und im Ziel 1:14,2 Minuten Rückstand hatten. Nach dem zweiten Platz von Hettich-Walz im Einzel und dem dritten Rang von Benedikt Doll ebenfalls im Einzel gab es für Deutschland bei den Titelkämpfen in Nove Mesto die dritte Medaille zu bejubeln.
Ärger über Material und Strecke schnell verflogen
Einmal mehr hatte das deutsche Quartett aber wieder mit Problemen in der Loipe zu kämpfen. «Es war bei mir eine Kombi aus allem», sagte Startläuferin Hettich-Walz. «Es gab Stellen, wo es sulzig war. Da hatte ich mit meinen Skiern extrem zu kämpfen und dann hatte ich auch nicht den besten Tag.»
Der Ärger über das Material und die Strecke – im Vergleich der Laufzeiten fehlten den deutschen Läuferinnen 1:48 Minuten auf Frankreich – verflog aber schnell. Im Ziel rannten Voigt, Hettich-Walz und Grotian mit einer deutschen Fahne auf Schneider zu und empfingen die Oberbayerin. «Wir waren ja immer so mittendrin, obwohl alle einen guten Job gemacht haben», sagte Grotian. «Ich habe selbst gar nicht verstanden, warum wir nicht so weit vorn waren. Aber Sophia hat es am Schluss einfach gerettet, hat die Nerven behalten und das Ding nach Hause gebracht.»
«Das ist eine Medaille, die unglaublich guttut»
Bei den vorigen drei Weltmeisterschaften hatte das DSV-Quartett jeweils Silber gewonnen. 2019 reichte es in Östersund als Vierter zum letzten Mal nicht für Edelmetall. Er sei «dreimal gestorben und dreimal wiedergeboren worden», sagte Sportdirektor Felix Bitterling. «Es war eine brutal spannende Staffel. Ich glaube, die Mädels haben genau das umgesetzt, was wir besprochen haben. Das ist eine Medaille, die unglaublich guttut.»
Zumal der DSV zweieinhalb Stunden vor Rennstart über den Ausfall von Preuß informieren musste. Ob die 29-Jährige, die sich mit «neu aufgetretenen Halsschmerzen» plagt, am Sonntag im Massenstart (14.15 Uhr/ZDF und Eurosport) starten kann, ist offen. «Franzi zu verlieren, tut uns immer weh. Jeder kennt den Wert und weiß, wie gut sie sein kann», sagte Bitterling. Schneider sprang aber ein und führte das Team aufs Podest – dank ihrer Nervenstärke am Schießstand. Denn unverhofft patzte die Konkurrenz und öffnete Schneider so die Tür.
Männer-Staffel verpasst Medaille
Die deutschen Biathleten verpassten mit der Staffel indes zum dritten Mal nacheinander bei einer Weltmeisterschaft die Medaillenränge. Justus Strelow (27), Johannes Kühn (32), Philipp Nawrath (31) und Benedikt Doll (33) leisteten sich eine Strafrunde und acht Nachlader. Sie landeten auf dem vierten Platz. Somit reichte es erneut nicht für die erste Staffelmedaille seit Bronze 2020 in Antholz.
Nach 4 x 7,5 Kilometern hatte das DSV-Quartett 51,6 Sekunden Rückstand auf Schweden auf dem ersten Rang. Silber holten sich die favorisierten Norweger, die lange wie die sicheren Sieger aussahen. Doch bei der letzten Einlage am Schießstand versagten Vetle Sjaastad Christiansen mit drei Strafrunden die Nerven. Bronze ging an Frankreich.