Am Ende einer hochemotionalen und extrem wechselhaften Vierschanzentournee konnte Karl Geiger doch noch jubeln.
«Jaaa», rief der Oberstdorfer beim Siegerfoto und hatte beim Interview-Marathon nach dem Dreikönigsspringen auch sein Lachen zurück. Als «Auf und Ab mit Happy End» betitelte der 27-Jährige seine sportliche Zeit seit Weihnachten und war mit Gesamtrang zwei trotz zu Beginn größerer Hoffnungen sichtlich zufrieden.
Der Auftritt von Bischofshofen gibt weiteres Selbstvertrauen, und das kann quasi sofort helfen: Ohne Pause geht es für den Skisprung-Tross im Mega-Winter mit zahlreichen Highlights direkt weiter zum nächsten Weltcup. Keine 48 Stunden nach Kamil Stochs Tournee-Triumph steht in Titisee-Neustadt schon das nächste Qualifikationsspringen an.
«Das sind knackige Tage, da muss man schauen, dass man gut regeneriert – die Körner wieder aufsammeln», sagte Geiger nach Tagesplatz drei am Mittwoch. «Das gibt immer Kraft, wenn man weiß, es funktioniert noch und man hat es nicht verlernt.»
Dass er das Skispringen komplett verlernt hat, war bei Geiger zwar nicht zu befürchten. Doch wie sehr den Oberstdorfer sein Patzer auf der dritten Tournee-Station in Innsbruck genervt hat, war deutlich zu spüren. Umso wichtiger ist nun die Weiterreise mit einem Erfolgserlebnis.
«Großer Respekt vorm Karl für die Leistung», sagte Bundestrainer Stefan Horngacher. «Ich denke, es wäre nicht mehr drin gewesen. Er hat das Maximum erreicht.» Für einen erfolgreichen Angriff auf Platz eins war Sieger Stoch aus Sicht des Österreichers einfach zu stark. Mit seinem Tagessieg auf der Paul-Außerleitner-Schanze demonstrierte «König Kamil» seine Ausnahme-Klasse noch einmal in beeindruckender Manier.
«Bei Kamil kann man bloß den Hut ziehen, er hat einen genialen Wettkampf gemacht», sagte Geiger voller Anerkennung. «Er ist brutal stark. Ich schätze ihn auch als Menschen, er ist sehr herzlich, nett und bodenständig geblieben. Von dem kann man sich schon was abschauen, was er alles gut macht.»
Mit Stoch an der Spitze präsentierten sich die Polen auch mannschaftlich stark. In Dawid Kubacki (3.), Piotr Zyla (5.) und Andrzej Stekala (6.) waren drei weitere Athleten aus dem skisprungverrückten Land unter den ersten sechs der Gesamtwertung. «Sie sind einfach gut. Sie haben einfach ein super System», sagte Horngacher und ergänzte schmunzelnd: «Irgendjemand hat einmal so ein System aufgebaut da drüben. Das haben sie weiterverfolgt und vielleicht noch verfeinert.» Vor seinem Engagement in Deutschland hatte der 51-Jährige als polnischer Nationalcoach gearbeitet.
Der Weltcup in Titisee-Neustadt ist für den Trainer ein ganz besonderer und so etwas wie ein Heimspiel: Horngacher lebt mit seiner Familie im Schwarzwald. Aus Vorsicht vor dem Coronavirus muss der Österreicher allerdings noch ein wenig auf ein Wiedersehen warten. «Es sind jetzt nochmal drei, vier Tage, wo ich bei der Mannschaft bleibe und dann kann ich endlich wieder zuhause bei meiner Familie einziehen», sagte der Chefcoach.