Gesamtzweiter der 69. Vierschanzentournee: Karl Geiger. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Daniel Karmann/dpa)

Nach dem fulminanten Finale bei der Vierschanzentournee sehnte sich Papa Karl Geiger nach seiner Familie.

«Ich freue mich riesig, wenn ich sie wieder sehen kann», sagte der 27-Jährige, breitete seine Arme ganz weit aus und zeigte unmissverständlich: «Sooo sehr freue ich mich.» Bevor Geiger zu seiner Frau und seiner im Dezember geborenen Tochter Luisa ins beschauliche Allgäu zurückkehren kann, hat er allerdings noch den nächsten beruflichen Termin. Keine 46 Stunden nach der Siegerehrung von Bischofshofen, die Geiger als Gesamtzweiter auf dem Podium genoss, ist er schon wieder auf der Skisprung-Schanze gefordert.

«Das ist auch was Schönes», sagte Geiger pragmatisch zur Weltcupreise nach Titisee-Neustadt, die die deutschen Flugkünstler direkt aus Österreich und ohne Zwischenstopp in der Heimat in Angriff nehmen. «Das sind knackige Tage, da muss man schauen, dass man gut regeneriert – die Körner wieder aufsammeln», sagte Geiger.

Seine Tournee betitelte er als «Auf und Ab mit Happy End». Zwar hatte sich der Skiflug-Weltmeister nach seinem furiosen Auftakt mit dem Sieg vor der eigenen Haustür in Oberstdorf mehr vorgenommen. Doch Tagesrang drei am Mittwoch und der auf der Paul-Außerleitner-Schanze noch eroberte Platz auf dem Podium neben Polens Champion Kamil Stoch zeigten ihm: Der Patzer von Innsbruck, als Geiger viele Punkte einbüßte, war wohl nur ein Ausrutscher. Der Glaube an die eigene Stärke ist zurück.

Gerade in diesem Mega-Winter mit zahlreichen Highlights kann das noch viel wert sein. «Das gibt immer Kraft, wenn man weiß, es funktioniert noch und man hat es nicht verlernt», sagte Geiger. Kraft, die Geiger im Weltcup, aber vor allem auch beim alles überstrahlenden Event der Saison haben will: Bei der Heim-WM in Oberstdorf ab dem 23. Februar.

Trotz des vollgepackten Terminkalenders denkt Bundestrainer Stefan Horngacher derzeit nicht daran, seinen Top-Leuten um Geiger und Markus Eisenbichler mal eine Wettkampf-Pause zu geben. Dabei hatte «Eisei», der zum Saisonstart noch zwei souveräne Einzelsiege holte, zuletzt beim Tournee-Finale in Bischofshofen ziemlich geschwächelt. «Ich sehe bei niemandem, dass ich ihn mal rausnehmen muss. Die Jungs sind fit», sagte der Österreicher. Er sieht es so: «Der Wettkampf ist die höchste Form des Trainings.»

Auf sein zweites Top-Drei-Ergebnis nacheinander in der Tournee-Gesamtwertung könne Geiger «extrem stolz» sein, sagte Horngacher. Der 51-Jährige hofft auf den «Geiger-Countdown», nach dem Motto 3, 2, 1, Sieg, wie er mit einem Lächeln erklärte. «Letztes Jahr Dritter, dieses Jahr Zweiter: Jetzt probieren wir es nächstes Jahr nochmal. Vielleicht kommt dann der Einser raus.» Der bis dato letzte deutsche Tournee-Sieg von Sven Hannawald wird dann 20 Jahre her sein.

Für Horngacher ist der anstehende Weltcup kein gewöhnlicher – findet er doch in seiner Wahlheimat im Schwarzwald statt. Aus Vorsicht vor dem Coronavirus sieht er seine Familie aber auch nicht viel früher als sein bester Tourneespringer. «Es sind jetzt nochmal drei, vier Tage, wo ich bei der Mannschaft bleibe und dann kann ich endlich wieder zu Hause bei meiner Familie einziehen», sagte Horngacher.

Er als Trainer und auch seine Springer sind es gewohnt, viel zu reisen und bei Großereignissen auch mal länger von ihren Liebsten getrennt zu sein. So wie in diesem Jahr, in dem die Protagonisten des Schanzen-Spektakels teilweise wochenlang in ihrer Blase bleiben, ist es aber auch für sie eine komplett neue Herausforderung. Sorgen macht sich Geiger um seine Frau und seine Tochter deshalb nicht. «Ich weiß einfach, ihnen geht es gut und sie sind in guten Händen», sagte er, ergänzte aber auch mit Nachdruck: «Ich freue mich schon sehr, wenn ich sie selbst wieder in den Arm nehmen kann.»

Von Thomas Eßer und Patrick Reichardt, dpa

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