Das breite Podiums-Grinsen im Gesicht von Linus Straßer war hinter der obligatorischen Maske deutlich zu erahnen.
Der beste deutsche Slalomfahrer hat nach dem Sensationssieg von Zagreb erneut seine Ausnahmeform im Weltcup gezeigt und ist in Adelboden als Zweiter wieder auf das Podest gerast. Auf dem komplizierten Chuenisbärgli war der Münchner nur von Marco Schwarz aus Österreich zu schlagen, der 0,14 Sekunden schneller war.
«Das war ein unglaublich schwieriges Rennen und eher ein Arbeitserfolg», sagte Straßer zum famosen Finale auf seinem Lieblingshang. Der deutsche Alpinchef Wolfgang Maier freute sich über ein «absolutes Weltklasse-Ergebnis» seines Comeback-Künstlers, der auf beachtliche Art gezeigt hat, keine Eintagsfliege zu sein.
Wie schon am Mittwoch in Kroatien hatte Straßer im zweiten Lauf eine beeindruckende Aufholjagd gestartet und war von Rang zwölf noch fast ganz nach vorne gefahren. «Das war mehr ein Kampf als ein Genuss», sagte der Edeltechniker im ZDF. «Ich bin wirklich zufrieden.»
Im Berner Oberland erlebte Straßer das Happy End eines spannenden Ski-Krimis. Er verwies den Briten Dave Ryding um eine Hundertstelsekunde auf den dritten Rang. Auch dahinter ging es eng zu: Wäre Straßer 0,06 Sekunden langsamer gefahren, hätte es nur zu Rang fünf gereicht. «Das Hundertstelglück war heute definitiv auf meiner Seite, aber das darf es ja auch mal sein», flachste er.
Nach Jahren der Suche nach dem perfekten Schwung und der richtigen Einstellung im Schatten von Felix Neureuther scheint Straßer nun sein Erfolgsrezept gefunden zu haben – zwei derartige Rennen sind der Beweis. «Es passt gerade einfach», sagte Maier. Nachdem Straßer im ersten Lauf noch nicht die ideale Ski-Abstimmung zu dem aggressiven Schnee gefunden hatte, klappte es im Entscheidungslauf besser. «Das war von oben bis unten eine gute Vorstellung», lobte Maier. Statt wild zu attackieren, fand Straßer besonnen die schnellste Spur.
Trainer und Betreuer sind erleichtert, dass der talentierte Athlet cool genug ist, um aktuell genau die richtige Mischung zu finden. Gefordert bleibe er aber weiterhin. «Man darf nicht in Hysterie verfallen und glauben, es geht immer so weiter», sagte Bundestrainer Christian Schwaiger im ZDF. «Er muss versuchen, relaxed zu bleiben und gut Ski zu fahren. Dann erledigen sich die Dinge von allein.»
Dabei hatte sich der Sportler in Adelboden nach eigener Aussage gar nicht so gut gefühlt. Aber dann konnte er im Ziel doch erschöpft und glücklich ausschnaufen und den Zeigefinger in die Höhe recken.
Nach seinem Zagreb-Coup war Straßer mit ganz neuen Gefühlen in einer eigens für die Rennfahrer gecharterten Maschine in die Schweiz geflogen. «So ein Sieg macht etwas mit einem», erzählte der Sportler vom TSV 1860 München am Wochenende. «Jetzt muss man das nur in die richtige Richtung lenken. Ich habe gemerkt, dass es machbar und menschlich ist, ein Rennen zu gewinnen.» Dieses Selbstbewusstsein kann er nun mitnehmen in den nächsten Slalom am Sonntag in Wengen.
Dort wird übrigens trotz Corona-Meldungen aus der Region gefahren, wie die örtlichen Behörden und der Weltverband Fis am Sonntag bekanntgaben. Der formstarke Linus Straßer wird sich freuen.