Mit einem Grinsen, den Skiern auf den Schultern und einem nochmal gewachsenen Selbstvertrauen verließ Romed Baumann den Zielbereich der legendären Streif.
Andreas Sander winkte nach seiner Schussfahrt in Kitzbühel zwar zunächst enttäuscht ab, konnte mit zwei Spitzenrängen aber dann doch noch zufrieden in die Zukunft blicken. Die deutschen Abfahrer haben sich auch ohne ihren verletzten Top-Mann Thomas Dreßen vor der WM eindrucksvoll in der Weltspitze behauptet.
Baumann raste am Sonntag bei der zweiten Hahnenkamm-Kraftprobe auf Rang fünf, Sander landete einen Rang dahinter ebenfalls in den Top sechs. Gleich zwei DSV-Asse unter den besten Sechs einer Abfahrt hatte es seit Dreßens Sieg in Kitzbühel 2018 nicht mehr gegeben – damals war Sander wie auch diesmal Sechster geworden.
«Mega happy» gab sich Routinier Baumann. Kein Wunder, war er doch seit mehr als fünf Jahren nicht mehr so weit vorn gelandet in der alpinen Königsdisziplin – und das auch noch beim wichtigsten Weltcup des Winters wenige Kilometer von seinem Geburtsort entfernt.
Beim erneuten Sieg des Schweizers Beat Feuz vor Johan Clarey (+0,17) aus Frankreich und dem Österreicher Matthias Mayer (+0,38) fehlten Baumann und Sander rund sechs Zehntelsekunden auf das Podest.
Der deutsche Alpin-Chef Wolfgang Maier wertete die Vorstellungen bei den zwei Hahnenkamm-Abfahrten am Freitag und Sonntag als Beleg für die Klasse seiner Schützlinge. «Wir wollten bei der absoluten Weltspitze dabei sein. Wenn du einmal Fünfter und Achter und einmal Fünfter und Sechster wirst, dann bist du bei der absoluten Weltspitze dabei», stellte er klar. «Jetzt fehlt dann halt nur mal ein Podium.»
Bei dem auf Montag (10.45 Uhr) verlegten Super-G in Kitzbühel sind die Chancen zwar nicht mehr so groß – dafür aber wollen die Speed-Asse beim Heim-Weltcup in Garmisch-Partenkirchen in knapp zwei Wochen und direkt danach bei der WM in Cortina d’Ampezzo jubeln.
Baumann erlebt in seiner zweiten Saison nach dem Nationenwechsel von Österreich ins DSV-Team einen bärenstarken Karriere-Herbst. Der 35-Jährige weiß um seine Klasse und setzt auf Gelassenheit. «Wenn du solide und konstant unter die Top Ten fährst, wird es auch mal fürs Podium reichen. Ich mach mir da keinen Kopf», sagte er. In diesem Winter hatte Baumann in den fünf Abfahrten die Plätze 9, 8, 14, 8 und 5 erreicht. «Wir machen viel richtig zurzeit», sagte er übers Team.
Auch Sander demonstrierte mit einem fünften und einem sechsten Rang in Kitzbühel seine Form. Der gebürtige Westfale fühlt sich reif für den ersten Podestplatz – der seiner Einschätzung nach schon an diesem langen Hahnenkamm-Wochenende möglich gewesen wäre. «Da war wirklich viel drin», sagte er. Die Lockerheit fehlte am Sonntag. «Vielleicht wollte ich es mit zu viel Gewalt», schilderte der 31-Jährige, der bei seinen Trainern zum Wochenbeginn noch einen Podest-Coup als Ziel ausgegeben hatte – sich öffentlich damit aber dezent zurückhielt.
Dass just bei seiner Fahrt im oberen Teil der Strecke mit den Passagen Mausefalle, Karussellkurve und Steilhang etwas Nebel über der Piste hing, war «überhaupt kein Problem», sagte Sander. «Ich muss die Schuld nicht beim Wetter, sondern bei mir selber suchen.» Schwere Stürze wie noch beim ersten Rennen in Tirol blieben diesmal aus.
Waren am Freitag noch vier Deutsche unter die Top 13 gerast, lief es bei der von Samstag auf Sonntag verlegten zweiten Abfahrt nicht mehr ganz so gut. Dominik Schwaiger wurde 17.; Josef Ferstl (32.), Simon Jocher (36.) und Manuel Schmid (37.) verpassten die Punkteränge.