Nach fast fünf Wochen in der Blase von Heerenveen gibt sich Joel Dufter immer noch völlig relaxed. «Es läuft gut, die Stimmung ist gut, ich bin bereit für das Wochenende», sagte der 25 Jahre alte Inzeller in einer Video-Konferenz.
Dufter scheint unmittelbar vor der Eisschnelllauf-WM ausgeglichener denn je. Doch der Schein könnte trügen. Es brodelt weiter im EM-Dritten, der sich monatelang nicht damit abfinden konnte, dass der Vertrag von Sprint-Bundestrainer Danny Leger zum Jahresende nicht verlängert wurde. «Ich bin richtig angepisst. Ich habe jetzt mehr als zehn Jahre mit Danny zusammengearbeitet, und nun wird einem reichlich ein Jahr vor Olympia der Trainer weggenommen. Dafür habe ich kein Verständnis», polterte Dufter schon vor dem dem Start in die Wettkampf-Saison.
Seine Entrüstung fixierte er schließlich gemeinsam mit drei weiteren Eissprintern der Trainingsgruppe in einem offenen Brief, in dem die Sportler der Verbandsführung mangelnde Kommunikation vorwarfen. «Wir haben Anfragen gestellt, wie es ohne Danny weitergehen soll, aber wir haben keine Antworten bekommen», beklagte der Eissprinter, der bisher im Schatten von Ex-Vizeweltmeister Nico Ihle stand.
Und so ganz verklungen ist der Ärger offenbar immer noch nicht. Denn Dufter sucht auf eigenen Faust nach Lösungen. Zwar verkündete die Generalbevollmächtigte Nadine Seidenglanz, dass vor dem Start in die Olympia-Saison ein neuer Sprint-Trainer gefunden werde, doch Dufter erwägt im Sinne einer optimalen Vorbereitung auf die Winterspiele in Peking den Wechsel ins Ausland. «Der Reiz ist da. Ich will künftig nach neuem Konzept trainieren, brauche eine stärkere zweite Runde auf den 1000 Metern», gab er zu. In den Niederlanden gebe es eine Vielzahl idealer Trainingspartner. «Die Dichte dort ist sehr groß. Da könnte man noch einiges rausholen», ist Dufter überzeugt.
Vor der WM will er sich damit aber nicht ablenken und akzeptiert die Situation zähneknirschend. Bis zum Weltcup vor zehn Tagen trainierte er nach Plänen von Leger, bei der WM wird er vom Erfurter Andreas Behr betreut. «Es ist ja kein Hexenwerk, jetzt für die WM einen vernünftigen Trainingsplan aufzustellen», räumte Dufter ein, der nun plötzlich neben 10.000-Meter-Spezialist Patrick Beckert aus Erfurt die größten WM-Hoffnungen der Deutschen trägt. Doch nach EM-Bronze im Sprint-Vierkampf und guten Platzierungen im Weltcup ist die starke niederländische Konkurrenz gewarnt.
In den zurückliegenden Tagen in der Blase hatte sich Dufter bemüht, «Reize zu setzen, damit man nicht einschläft.» Mit Intervalltraining sollte «der Körper in Schwung» bleiben. Der schwierigste Punkt in der fünfwöchigen Abgeschiedenheit mit Wechsel zwischen Hotel und Eishalle sei bei ihm in der dritten Woche erreicht gewesen. «Da musste man aufpassen, dass man nicht in ein Loch fällt.» Ansonsten vertrieb er sich die Zeit im Hotel Van der Valk in Sneek mit seinem Rechner oder gemeinsamem Fernsehen mit seinem stets gut gelaunten Zimmerpartner Nico Ihle. Der Chemnitzer fühlt sich nach überstandener Nackenverletzung durch einen Sturz im Weltcup gleichfalls bereit für das Highlight des Jahres. «Ich bin klar im Kopf und habe auch keine Angst vor dem Tempo in der Kurve», sagte der 35 Jahre alte Sachse.