Die kontrovers geführte Diskussion um die noch ohne Weltcup-Status neu eingeführte Disziplin Monobob für die Erfüllung der Frauen-Quote spaltet derzeit das Kufenlager.
Für Zweierbob-Weltmeisterin Kaillie Humphries ist es eine «Lieblingsdisziplin», für Pyeongchang-Olympiasiegerin Mariama Jamanka «eine persönliche Gaudiveranstaltung, wofür die anderen arbeiten müssen.»
Cheftrainer René Spies bittet um Verständnis, vor allem aber um eine professionelle Herangehensweise. Denn es bietet sich eine weitere Medaillenchance bei Olympia. «Die Äußerungen von einigen unserer Athleten sind aus meiner Sicht etwas unglücklich. Ich finde es sehr, sehr interessant, die Disziplin ist gut und es ist eine sehr hohe Herausforderung, sich neue Linien zu erarbeiten – auch für uns Trainer», sagte Spies vor der WM-Premiere bei den Titelkämpfen in Altenberg.
Obwohl seine deutschen Vorzeigepilotinnen zuletzt ohne große Fahrpraxis links und rechts die Banden touchierten und eher wie Fahranfänger den Berg runter rutschten, peilt er zwei Medaillen an. «Das ist ambitioniert», betonte er. Wohlwissend, dass die erfahrene US-Pilotin Humphries, die einst für Kanada Olympia-Gold in Whistler und Sotschi holte, «die beste Pilotin der Welt ist. Wir wissen, was auf uns zukommt.» Seine grundsätzliche Einstellung zum Monobob ist erstmal positiv und abwartend: «Noch wissen wir nicht, wo die Reise hingeht.»
Jamanka sieht den Monobob von Beginn an skeptisch. Für sie ist die Disziplin «eine Zwangsveranstaltung, damit sie Zweierbob fahren darf. «Das Reglement sieht nicht Team Jamanka vor, sondern nur mich als Starterin. Es ist für mich kein Leistungssport, kein Teamsport.» Die WM-Zweite Kim Kalicki oder die WM-Dritte Laura Nolte, die 2016 Jugend-Olympiasiegerin im Monobob wurde, sind da entspannter. «Das ist fünf Jahre her, die Bobs kann man nicht vergleichen, sie lassen sich ganz anders fahren», sagte Nolte.
Der von einem Münchner Hersteller produzierte Einheitsschlitten ist leichter und deutlich langsamer als ein Zweierbob. «Daher rutscht er leichter und bricht im Heck auch schneller aus», erklärte Jamanka. Der Bob- und Schlittenverband (BSD) kaufte erst einmal sechs Gefährte – pro Stück für rund 22.000 Euro. Schon bei den ersten Rennen wurde deutlich, dass die Bobs unterschiedlich schnell sind.
Das Reglement sieht nur wenige Änderungen vor. «Das Lenksystem kann man abstimmen, auch den Lenkwiderstand, zudem die Steifigkeit der Vorderachse oder die Federelemente», nennt Bob-Projektleiter Enrico Zinn vom Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) nur wenige Möglichkeiten. Ein Vorteil könnte das Nutzen der Zweierbob-Kufen sein. Da aber weniger Gewicht auf der Hinterachse lastet, sind auch da die Normwerte nicht identisch übertragbar.
Insgesamt gesehen ist alles neu. Die Pilotinnen müssen mit einem Sprung von hinten in den Bob einsteigen – sonst springen sie von der Seite aus ins Gefährt. Zudem müssen sie nach der Ziellinie selbst abbremsen, was sonst die Anschieberinnen übernehmen. Sprintstarke Pilotinnen scheinen einen extremen Vorteil zu haben, wie der Sieg der Australierin Breeana Walker in Innsbruck/Igls zeigte. «Sehr gute Athletinnen sind bevorteilt gegenüber den sehr guten Pilotinnen», betonte Spies. Daher absolvierten die deutschen Frauen nach den Weihnachtsfeiertagen Extra-Einheiten auf der WM-Bahn. Die nächste Trainings-Lektion für Peking 2022 ist nach der WM in La Plagne geplant.