Langlauf in der Skihalle kann ganz schön langweilig sein. Katharina Hennig und ihre Kollegen im Nationalteam wissen das spätestens seit diesem Sommer.
Weil weite Reisen in den Schnee wegen des Coronavirus nicht drin waren, bekamen sie statt norwegischer Natur thüringische Wände bei Kunstlicht zu sehen. «Das war vielleicht die größte Challenge», sagt Hennig über das Training in Oberhof: «Sich zu motivieren, wenn man die 20. Runde läuft.» Um den Spaßfaktor etwas zu erhöhen, dachten sich die Langläufer Schnitzeljagden aus. «So ging dann auch die Zeit rum», sagt die 24-Jährige und lächelt. Bei der Heim-WM soll sich die Schinderei auszahlen.
Die Wettkämpfe in Oberstdorf ab dem 23. Februar 2021 hatte Teamchef Peter Schlickenrieder gleich als großes Ziel ausgegeben, nachdem er den Job im April 2018 übernommen hatte. Eine Medaille ist der Traum. Dafür ackerten seine Sportler in den vergangenen Jahren unermüdlich.
Beim Blick auf den Gesamtweltcup 2019/20 wird aber klar, dass zur Weltspitze noch einiges fehlt: Im Endklassement findet man Hennig als beste deutsche Frau auf dem 18. Platz, bei den Männern wird Lucas Bögl als stärkster DSV-Athlet auf Rang 35 geführt.
In WM-Einzelwettbewerben sei eine Podestplatzierung «fast illusorisch», ordnet Schlickenrieder ein. Der 50-Jährige hofft auf das Team. Doch auch dort muss wirklich alles passen, damit die Mannschaft des Deutschen Skiverbandes mit den starken Norwegern, Russen, Schweden oder Finnen mithalten kann. «Es wäre auch hier eine Überraschung», sagt Schlickenrieder und verbessert sich: «Es wäre eher der Coup des Jahrhunderts, das beim Punkt X zu schaffen.»
Mut machen einzelne Auftritte wie jener von Hennig in Val di Fiemme im vergangenen Januar. Im klassischen Massenstart-Wettbewerb bei der Tour de Ski wird die Oberwiesenthalerin Dritte, feiert ihren ersten Podestplatz. Anschließend gelingen ihr weitere Top-10-Plätze. Hennig ist die größte Hoffnungsträgerin in Schlickenrieders Team, das sich in Lappland auf den Weltcup-Start an diesem Freitag im finnischen Ruka vorbereitet. Dort wollen die Langläufer nicht wie sonst im Hotel, sondern in eigenen Hütten übernachten. Unter sich bleiben und Kontakte vermeiden, lautet auch hier die Devise in der Pandemie.
Immerhin sind einige der Verhaltensregeln, die für andere Menschen in der Krise neu sind, nach Aussage des Teamchefs für seine Schützlinge bereits länger gelebte Praxis. Schon in Jahren vor der Pandemie habe man versucht, große Menschengruppen in den Wintermonaten zu meiden. «Daher ist das jetzt nicht die große Neuerung, sein Desinfektionsfläschchen dabei zu haben, Abstand zu halten und keine großen Menschenansammlungen aufzusuchen», sagt Schlickenrieder. «Das ist fast schon in der DNA des Langläufers und der Langläuferin.»
Neu ist allerdings, dass sich ein Virus auf den Weltcup-Kalender auswirkt. Die eigentlich geplante zweite Station in Lillehammer fällt wegen Corona erst einmal aus. Mit Blick auf gezielte Wettkampf-Einsätze vor der WM und die Trainingssteuerung deutet sich an, dass das DSV-Team sehr flexibel bleiben muss.
Die Vorfreude auf das große Highlight lassen sich die Athleten davon und auch von der Ungewissheit, unter welchen Bedingungen das ursprünglich mal als Wintersport-Party mit Zuschauermassen geplante Event stattfinden könnte, aber nicht nehmen. «So oder so ist es etwas Spezielles: Es ist eine WM nicht nur im eigenen Land, sondern sozusagen im eigenen Garten», sagt Sebastian Eisenlauer. «So etwas miterleben zu dürfen, ist definitiv etwas Besonderes. Unabhängig von dem Drumherum.» Immerhin können sich er und seine Kollegen sicher sein, dass sie nicht in der Halle laufen müssen.