Skiflug-Weltmeister Daniel Andre Tande stürzte schwer im slowenischen Planica. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Uncredited/AP/dpa)

Daniel Andre Tande segelte quer und unkontrolliert durch die Luft, dann knallte er mit hoher Geschwindigkeit auf den Vorbau der Skiflugschanze in Planica.

Es waren schlimme Bilder von einem üblen Sturz, die den ersten Wettkampftag beim großen Saisonfinale der Skispringer überschatteten. Tande, der nach dem Aufprall reglos den extrem steilen Hang herunterrutschte, musste noch an der Schanze notversorgt und beatmet und dann per Helikopter ins Krankenhaus der slowenischen Hauptstadt Ljubljana gebracht werden.

Der Gesundheitszustand des 27 Jahre alten Tande sei «stabil», hieß es von der Fis zunächst. Erst später zeigte sich, wie dramatisch die Stunden am Donnerstagnachmittag wirklich waren. «Er musste intubiert und mechanisch beatmet werden», wurde Chefarzt Tomislav Mirkovic am Abend zitiert. Tande habe aber keine lebensbedrohlichen Verletzungen erlitten, sagte Sportchef Clas Brede Braathen dem norwegischen Rundfunk NRK. «Er hat einen Bruch im Schlüsselbein.» Der 27-Jährige werde auf jeden Fall bis Freitag im künstlichen Koma gehalten, um sein Gehirn zu entlasten.

Deutschlands Top-Athlet Karl Geiger, dessen dritter Platz zur Nebensache geriet, wirkte schwer geknickt: «Das ist tragisch. Das ist eine üble Geschichte.» Im Probedurchgang, in dem sich der Unfall ereignete, war Geiger direkt nach Tande an der Reihe. «Ich wollte gleich wissen, was ist los. Da haben sie gesagt: Sie wissen noch nicht, ob er überlebt», schilderte der Allgäuer im ZDF die dramatischen Momente im Auslauf. In diesem Punkt gab die Klinik inzwischen Entwarnung. Am Freitagnachmittag wisse man nach weiteren Tests mehr, hieß es.

Bei 78 Metern war Tande mit dem Körper auf dem Vorbau gelandet. Es waren schreckliche Bilder, die auch im Springerlager Eindruck machten. Demonstrativ schaute Geiger während des Interviews nach oben auf die gigantische Anlage und sagte ehrfürchtig: «Man vergisst es immer wieder, das ist eine Riesenschanze. Das ist lebensgefährlich. Ich hoffe, dass er wieder unter den Lebenden ist und dass er keine Schäden davonträgt.»

Markus Eisenbichler, der hinter Japans Tagessieger Ryoyu Kobayashi Zweiter wurde, fügte an: «Gott sei Dank hab ich es nicht gesehen, sonst – glaube ich – wäre ich heute nicht gehupft.» Auch Bundestrainer Stefan Horngacher sagte sofort etwas zu dem Vorfall, der die sonst so fröhliche Flugshow im sonnigen Planica verdarb: «Wichtig ist erst mal, dass es dem Daniel Andre Tande gut geht. Es war echt ein schlimmer Sturz.» Norwegens Sportchef Brathen lobte die erste Hilfe an der Schanze als «hochprofessionell».

Auch Norwegens Cheftrainer Alexander Stöckl war nach dem Sturz seines Schützlings schockiert. «Es ist schwer mitanzusehen, wenn ein Springer Luft unter die Skier bekommt und sich dreht. Man kann nur auf das Beste hoffen, dass alles in Ordnung ist mit ihm», sagte der Österreicher Stöckl.

Tande verlor direkt nach dem Absprung, den sein Coach Stöckl noch als «schön und mit viel Energie» bezeichnete, das Gleichgewicht und geriet massiv in Schieflage. Auf der Flugschanze hatte Tande danach keine Chance. Er verschränkte die Arme noch im Flug vor der Brust und versuchte, das Schlimmste abzuwenden. Die Bilder von Tande, der als Einzel-Weltmeister von 2018 und Team-Weltmeister von 2020 einer der besten Flieger weltweit ist, waren auch für TV-Zuschauer bestürzend.

Der schwere Zwischenfall erinnerte an vergangene heftige Stürze in der Skisprung-Szene. Der Amerikaner Nicholas Fairall musste nach einem Sturz in Bischofshofen 2015 notoperiert werden, nachdem er sich eine schwere Verletzung an der Wirbelsäule zugezogen hatte. Den Österreicher Lukas Müller erwischte es 2016 schwer beim Skifliegen am Kulm – als Vorspringer. Der heute 29-Jährige krachte damals wie Tande auf den Vorbau, bei ihm wurde eine inkomplette Querschnittslähmung diagnostiziert.

Von Patrick Reichardt und Sigrid Harms, dpa

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