Kein Weltcup in Ruhpolding, keine Fans in Oberhof oder Antholz und jede Menge strenge Hygieneregeln: Die Corona-Krise stellt auch die Biathleten vor große Herausforderungen.
Los geht’s für Denise Herrmann, Arnd Peiffer und Co. am Samstag im finnischen Kontiolahti. Ihren liebsten Wintersport können die Deutschen in diesem Winter aufgrund der Pandemie fast nur im Fernsehen verfolgen. Die Sportler sind froh, dass überhaupt eine Saison möglich ist.
Wie sieht der Weltcup-Winter der Biathleten aus?
Deutlich anders als normal. Um unnötige Reisen zu vermeiden, wurde der Kalender grundlegend verändert. Stationen in Schweden, Frankreich und im bayerischen Ruhpolding wurden ebenso gestrichen wie der Olympia-Test in Peking. Dafür soll es jeweils Doppel-Events an aufeinanderfolgenden Wochenenden in Kontiolahti, Hochfilzen, Oberhof und Nove Mesto geben. Läuft alles nach Plan, endet die Saison im März in Norwegens Hauptstadt Oslo. Kurz vor Silvester kommt es zu einem Show-Event in Ruhpolding, das «Biathlon Auf Schalke» ersetzt.
Was ist sportlich für die deutschen Athleten drin?
Ex-Weltmeisterin Denise Herrmann will im Kampf um den Gesamtweltcup möglichst weit vorne landen. Favoritinnen sind neben Dorothea Wierer und Lisa Vittozzi aus Italien wohl auch die Norwegerinnen Tiril Eckhoff und Marte Olsbu Röiseland. Bei den Männern geht deren Landsmann und Dominator Johannes Thingnes Bö auf die Jagd nach seiner nächsten großen Kristallkugel. Sein großer Rivale Martin Fourcade aus Frankreich ist zurückgetreten. Olympiasieger Arnd Peiffer tritt als erfahrenster Deutscher an, um wieder ganz vorne anzugreifen. Die Spitze dürfte auch in diesem Winter sehr dicht zusammen sein.
War trotz Corona-Pandemie eine normale Vorbereitung möglich?
Ja. «Wir hatten ein sehr gutes Konzept, damit wir von Anfang an gut trainieren konnten», sagte Frauen-Bundestrainer Kristian Mehringer: «Vom Training her hatten wir null Einschränkungen.» Zwar mussten viele Corona-Regeln beachtet werden, für die Freiluftsportler stellte das aber insgesamt kein großes Problem dar. Auch Höhen-Trainingslager in der Schweiz und Italien konnten im Sommer absolviert werden. Nur ein Lehrgang am WM-Ort Pokljuka fiel aus.
Was wird sich für die Fans in Corona-Zeiten anders?
Sie können die meisten Rennen nur im Fernsehen verfolgen. Eigentlich jubeln teilweise mehr als 20 000 Zuschauer pro Tag an den Strecken und in den Stadien mit, das wird es nun nicht geben. Hochfilzen, Oberhof und Antholz lassen keine Fans zu, eine Entscheidung für die WM im slowenischen Pokljuka (9. bis 21. Februar 2021) wird für Anfang Dezember erwartet. «Für uns ist es wichtig, dass wir überhaupt Weltcups machen können», sagte Denise Herrmann. Die Fernsehsender ARD und ZDF sowie Eurosport werden wieder umfangreich berichten.
Welche besonderen Regeln gibt es für die Biathleten?
«Der Athlet muss immer eine Maske tragen, außer er ist physisch aktiv», hieß es vom Weltverband IBU. Zudem sind Hände schütteln bei der Siegerehrung oder Umarmungen verboten. Die Athleten werden in Vierergruppen aufgeteilt. Sollte ein Teammitglied positiv getestet werden, müsste so nicht das ganze Team in Quarantäne. Außerdem gibt es für den Gesamtweltcup vier statt zwei Streichergebnisse. Es erfolgen regelmäßige Tests auf das Coronavirus, und Kontakte mit der Außenwelt sollen weitgehend vermieden werden. Am Schießstand werden die Abstände zwischen den Trainern vergrößert, in den Hotels soll nur in kleinen Gruppen gegessen werden, um Kontakte bei positiven Fällen möglichst schnell nachverfolgen zu können.
Was ist besonders am Corona-Testverfahren im Biathlon-Weltcup?
Es wird ein eigenes Labor geben, das mit eigenem Personal im Weltcup mitreist und schnelle Testungen garantieren soll. Alle vier bis fünf Tage wird jeder in der sogenannten «Roten Gruppe», zu der Sportler, Wettkampfrichter oder das Personal des Verbandes gehören, getestet. Das betrifft rund 700 bis 800 Personen. Für die Tests von Journalisten oder lokalen Helfern werden vom Weltverband IBU keine Kosten übernommen, diese müssen jeweils selbst getragen werden.
Wie groß ist der finanzielle Schaden durch Corona?
Von einem Schaden will die IBU nicht sprechen, allerdings wird mit einem Minus von rund vier Millionen Euro gerechnet. Gründe dafür sind höhere finanzielle Unterstützungen für die lokalen Organisatoren, die ohne Zuschauer große Einnahmeausfälle erwarten. Außerdem zahlt die IBU für die Aktiven, Trainer und Betreuer rund 95 Prozent aller Corona-Tests – auch im später beginnenden zweitklassigen IBU-Cup. Aufgrund der angespannten wirtschaftlichen Lage haben es die Sportler zudem gerade deutlich schwerer, zahlungskräftige Sponsoren zu finden, die ihnen das Überleben sichern.