Sie war die Heimstätte von Rodel-Legende Georg Hackl und Dreifach-Olympiasieger Felix Loch. Die 1640 Meter lange Bob- und Rodelbahn am Königssee gilt als älteste Kunsteisbahn der Welt.
Doch seit einem halben Jahr geht dort nichts mehr: Beim schweren Unwetter Mitte Juli wurde die Bahn im oberen Bereich zerstört. Der Schutt liegt noch immer in der Bahn. Schilder auf dem Areal weisen darauf hin, dass das Gelände nicht betreten werden soll. Seit Monaten wird auf politischer Ebene über die Notwendigkeit eines Wiederaufbaus diskutiert – mit offenem Ausgang.
«Dass man jetzt sagt, das ist kaputt, das muss erneuert werden – das alles hat noch nicht stattgefunden», sagte Thomas Schwab, Vorstandsvorsitzender des Bob- und Schlittenverbandes für Deutschland (BSD), der Deutschen Presse-Agentur. «Wir müssen erst mal eine Institution oder einen Ingenieur ausschreiben, der das feststellt. Wir suchen jetzt einen Generalplaner, der wird ein Leistungsverzeichnis erstellen, es muss ausgeschrieben werden – dieser Prozess soll bis zum Sommer erfolgen.»
Politik gibt Signale für Wiederaufbau
Ein Hoffnungsschimmer: Die Politik gab positive Signale für den Wiederaufbau. «Die Finanzierung, da haben wir Zusagen aus der Politik, schriftliche Zusagen. Da mache ich mir ehrlich gesagt keine Sorgen, dass wir diese Baustelle nicht finanziert bekommen», betonte Schwab, der sich vor allem um den Nachwuchs sorgt. «Für uns im Sport ist einfach das riesengroße Problem die Zeitschiene, weil gerade die Jugend – und wir haben eine erhebliche Zahl von Kindern und Jugendlichen – diese Bahn nutzt. Da brechen uns Generationen weg. Das ist eigentlich der schlimmste Schaden», sagte Schwab.
«Für die ist es eine Katastrophe», betonte die viermalige Rodel-Olympiasiegerin Natalie Geisenberger und erklärte: «Letzten Winter konnten die Kids wegen Corona nicht trainieren und jetzt das – einfach unfassbar.» Auch Vereinskollege Loch gab zu bedenken: «Wo sollen denn die jetzt die Motivation herholen weiterzumachen? Da bricht jetzt extrem viel weg.»
Rund 53,5 Millionen Euro sind für den Wiederaufbau der Kunsteisbahn eingeplant. Die Mittel für Planung und Bau stammen aus dem Aufbauhilfefonds – und stehen schon bereit. Der Kreistag hat grünes Licht für den Wiederaufbau gegeben, in der Politik überwiegen die Befürworter. Die Kreisgruppe des BUND Naturschutz im Berchtesgadener Land fordert hingegen ein landkreisweites Bürgerbegehren. Im nächsten Jahr soll nun als Erstes eine Planung erstellt werden – dafür stehen rund 1,5 Millionen Euro bereit. Mittlerweile haben die Kreistagspolitiker ihre Zustimmung zum Planungsstart erteilt. Auch Bayerns Sportminister Joachim Herrmann (CSU) hat mehrfach bekräftigt, die Kunsteisbahn wiederaufbauen zu wollen.
Landrat: „Bundes- und Landesmittel nötig“
Der Landrat des Berchtesgadener Landes, Bernhard Kern (CSU), hatte bereits deutlich gemacht, dass ein Wiederaufbau nur mithilfe von Bundes- und Landesmitteln möglich sei. Der Landkreis selbst will dafür kein Geld in die Hand nehmen. Erste Kostenschätzungen hatten bei 20 Millionen Euro gelegen, nun ist offiziell die Rede von rund 53,5 Millionen Euro – manche gingen aber schon von Gesamtkosten von 100 Millionen Euro aus.
Laut einem Papier aus dem Landratsamt sind voraussichtlich aufwendige Baumaßnahmen notwendig, um die Sportstätte zu sichern: Die Rede ist von einer rund zwölf Meter hohen Mauer, einer Art Rückhaltebecken für bis zu 7000 Kubikmeter Gesteinsmaterial. Laut Geologen befinden sich noch tausende Kubikmeter auf dem 1300 Meter hohen Grünstein, einem hinter der Bahn liegenden Berg. Das nachrückende Geröllmaterial könnte zukünftig zur Gefahr werden. Abschließende geologische Untersuchungen gab es bislang nicht. Somit ist ungeklärt, wie hoch der Aufwand für die Sicherungsarbeiten ist.
Nachwuchsathleten weichen aus
Die Kinder vom Leistungszentrum Berchtesgaden/Königssee weichen derzeit nach Innsbruck aus oder fahren hunderte Kilometer weit zu den anderen drei deutschen Bahnen nach Altenberg, Winterberg oder Oberhof. «Das über einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren aufrechtzuerhalten, da bin ich sehr skeptisch. Da hängen viele organisatorische Dinge dran, zum Schluss hängt eigentlich der ganze Verband an dieser Bahn dran», sagte Schwab.
Die Zeit sei das Hauptproblem. «Nach aktuellem Stand ist es so, dass wir Ende 2023 beginnen wollen zu bauen. 2024 wird die Bau-Hauptphase. Dann können wir vielleicht Ende 2024 die Bahn nutzen», erklärte Schwab, strebt aber schnellere Lösungen an. «Ich setze mich persönlich sehr ein, dass wir instandsetzen können und den Teil der Bahn, der eigentlich nicht beschädigt ist – aus meiner Sicht nämlich 80 Prozent – nutzen können», sagte Schwab und fügte an: «Wir könnten die Bahn voll vereisen, wenn wir wollen, doch wir haben keine TÜV-Genehmigung für die drei Fernleitungen.»