In diese Liste mit klangvollen Namen wie Magdalena Neuner, Laura Dahlmeier, Kati Wilhelm und Andrea Henkel würde sich Denise Herrmann auch gerne eintragen.
«Der Gesamtweltcup ist mit das Höchste, was man erreichen kann. Ich weiß, dass ich das Zeug habe, vorne dabei zu sein und den anderen das Leben sehr schwer zu machen», sagte die derzeit beste deutsche Biathletin vor dem Start in die neue Weltcup-Saison der dpa. Die wird aber wie in allen anderen Sportarten durch die Corona-Pandemie eine mit erschwerenden Begleitumständen und vielleicht noch nicht absehbaren Unwägbarkeiten.
Auch deshalb ist nicht nur Herrmann froh, dass es am Samstag im finnischen Kontiolahti mit dem Einzel über 15 Kilometer (14.20 Uhr/ZDF und Eurosport) endlich wieder losgeht. Die Skijäger haben in Zeiten von Corona den Vorteil der Outdoor-Sportart, zudem hat der Weltverband IBU viel Geld und Know-how in ein Hygienekonzept investiert, das Rennen ohne Ausfälle bis zum Saisonende im kommenden März möglich machen soll.
«Das Grundkonstrukt ist ein sehr, sehr gutes. Es kann funktionieren», sagte Herrmann und ist optimistisch, dass alle Wettkämpfe stattfinden. Dass dabei die Skijäger wohl fast immer vor leeren Rängen laufen müssen, sei zwar schade. «Aber dieses Jahr müssen wir elementar denken und froh sein, dass wir überhaupt unseren Job ausüben dürfen», sagte die Verfolgungsweltmeisterin von 2019, die glaubt, dass «die treuen Fans auch am Fernseher dabei sind.»
Die 31-Jährige geht selbstbewusst in den vorolympischen Winter, die Vorbereitung lief trotz Pandemie nahezu reibungslos. «Ich bin optimistisch, dass ich mein Werkzeug beisammen habe und es überall ausspielen kann», sagte Herrmann. Als eine der Laufbesten kann sie auf ihre Stärke in der Loipe vertrauen. Zudem arbeitet das deutsche Team mit dem neu hinzugezogenen Schießtrainer Engelbert Sklorz zusammen, bei dem auch Herrmann sich neue Anreize und Tipps holte.
Schnellere Abläufe, ein veränderter Anschlag – das kann die Sekunden bringen, die am Ende über den Sieg entscheiden. «Für mich ist es persönlich vorangegangen und ich hoffe, dass ich diese Saison noch ein paar Scheiben mehr treffe. Jetzt ist die Herausforderung, das im Wettkampfstress umzusetzen», sagte die siebenmalige Weltcupsiegerin.
In der Vorsaison gewann sie dreimal – bei den letzten Rennen in Kontiolahti im Sprint vor Franziska Preuß – ehe das Saisonfinale in Oslo wegen der Corona-Krise abgesagt werden musste. Doch das Thema der früheren Langläuferin, die seit ihrem Wechsel bisher fünf WM-Medaillen gewann, heißt Konstanz. Top-Resultaten folgten weniger gute Ergebnisse mit zu vielen Fehlern beim Schießen. Mit einer Trefferquote von nur 77 Prozent wurde sie in der Vorsaison Dritte im Gesamtweltcup und holte die Disziplinwertung im Sprint.
«Wenn man beim Gesamtweltcup vorne sein will, muss man in jedem Wettkampf eine Top-Performance abliefern. Das ist für mich die Challenge», sagte die Sächsin. In diesem Jahr kämen neben Konstanz und ein bisschen Glück aber auch sehr viele Unbekannte dazu, wie eventuelle Rennabsagen, eine Corona-Infektion oder Quarantäne. «Ich kann das beeinflussen, was in meiner Hand liegt. Das versuche ich bestmöglich zu machen. Aber es gibt dieses Jahr mehr Unbekannte als sonst», sagte Herrmann: «Aber wenn natürlich die Zeit runter tickt im Wettkampf, dann muss man voll liefern und das ist mein Ziel.»
Herrmann wäre nach Neuner (2008, 2010, 2012), Wilhelm (2006), Henkel (2007), Martina Glagow (2003) und Dahlmeier die sechste Deutsche, die die große Kristallkugel gewinnen würde. Als Letzte schaffte das am 19. März 2017 Doppel-Olympiasiegerin Dahlmeier. Sie ist auch die letzte Deutsche, die das Gelbe Trikot trug. «Das wäre auch nicht schlecht. So lange unser Oberteil vom Laufanzug noch gelb ist, würde das sehr gut matchen. Von daher hätten wir alle nichts dagegen», sagte Herrmann, die WM-Verfolgungszweite der Vorsaison.
«Mit ihrer überragenden läuferischen Klasse hat sie einen großen Vorteil gegenüber allen anderen Athletinnen. Wenn sie das mit guten Schießleistungen kombinieren kann, ist sie natürlich in der Lage, das Ding komplett zu gewinnen», sagte der frühere deutsche Damen-Coach Ricco Groß. In den letzten beiden Jahre ist die Weltspitze auch bei den Damen dicht zusammengerückt. «Wir arbeiten daraufhin, dass wir in jedem Rennen eine auf dem Stockerl haben. Aber das wird nicht mehr so einfach, wie es mal war», sagte Damen-Coach Kristian Mehringer.