Die deutschen Biathletinnen feiern die WM-Silbermedaille im Staffelrennen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Hendrik Schmidt/dpa)

Beim Griff nach Gold zeigte Denise Herrmann-Wick zwar etwas Nerven, am Ende aber jubelte Deutschlands beste deutsche Biathletin mit ihren Teamkolleginnen ausgelassen über WM-Silber in der Staffel.

Im ausverkauften Oberhofer Hexenkessel ballte Herrmann-Wick unter dem ohrenbetäubenden Lärm der 23.500 Fans die Faust, ehe sie Vanessa Voigt, Hanna Kebinger und Sophia Schneider im strömenden Regen in die Arme fiel. Auch wenn im Showdown gegen die Italienerin Lisa Vittozzi der Titel zum Greifen nahe war: Am Ende hieß es Silber hinter Italien gewonnen und nicht Gold verloren. Und das mit drei WM-Debütantinnen.  «Ein bisschen ist ein weinendes Auge dabei, aber wir feiern Silber wie einer Goldmedaille», sagte Frauen-Coach Kristian Mehringer. 

Dritte WM-Medaille für Denise Herrmann-Wick

«Ich bin eine stolze Mama und überglücklich, dass es geklappt hat. Die Teammedaille ist das, wofür wir das ganze Jahr kämpfen. Das ist einfach eine Medaille für ganz Biathlon-Deutschland», sagte Herrmann-Wick in der ARD. Während die Frauen die dritte Medaille am Rennsteig feierten –  zuvor hatte Herrmann-Wick bereits Sprint-Gold und Verfolgungs-Silber geholt -, hatten die Männer in einer Windlotterie mit deutlich schlechteren Bedingungen mit Platz fünf und insgesamt fünf Strafrunden eine herbe Enttäuschung erlebt.

Im strömenden Regen räumte Voigt auf den Strecken in ihrem Wohnort Oberhof ihre zehn Scheiben alle ab. Die 25-Jährige, die bei der WM bisher eher mit Enttäuschungen zu kämpfen und auch viel geweint hatte, übergab als Fünfte mit 12,8 Sekunden Rückstand nach vorne an Kebinger.   

Kebinger, die zu Beginn der Saison noch im Deutschland-Pokal gestartet war und nur durch die krankheitsbedingte Absage von Franziska Preuß mit halber WM-Norm das Oberhof-Ticket gelöst hatte, verlor zunächst etwas den Anschluss nach vorne. Doch während beim Stehendschießen Norwegen und Schweden drei beziehungsweise zwei Strafrunden drehen musste, räumte Kebinger alles schnell ab und wechselte als Dritte 42,8 Sekunden hinter den führenden Italienerinnen auf Schneider. 

«Ich habe einfach versucht, mich nicht wie beim Einzel ablenken zu lassen, sondern bei mir zu bleiben», sagte Kebinger. Schneider brauchte liegend eine und stehend zwei Extrapatronen – und während die Kontrahentinnen patzten, ging sie 16 Sekunden hinter Italien in die Loipe. Und die 25-Jährige schickte unter den ohrenbetäubenden Anfeuerungsrufen der Fans Herrmann-Wick mit nur 5,6 Sekunden hinter Vittozzi los. 

Herrmann-Wick und Vittozzi kamen zeitgleich zum ersten Schießen, das die Italienerin etwas schneller absolvierte. Zum Showdown kamen beide erneut zeitgleich, mit Herrmann-Wick auf Schießstand eins. «Ich habe damit gerechnet, dass sie schnell schießt, und gemerkt, dass sie ordentlich durchgezogen hat. Mit zwei Fehlern und einer längeren Schießzeit habe ich innerlich etwas gezittert, aber ich konnte auf der Schlussrunde Gas geben und sie auch genießen», sagte Herrmann-Wick. Rang drei ging an Schweden.

Männer-Staffel auf Rang fünf

Bei den Männern hatte derweil Benedikt Doll noch ein gutes Stück seiner Schlussrunde vor sich, da ließen sich die Weltmeister aus Frankreich schon ein paar Minuten von den Fans feiern. Gleich fünf Strafrunden – drei von Johannes Kühn und zwei von Schlussläufer Doll, bei widrigen Bedingungen am Schießstand – bedeuteten für das Quartett mit Justus Strelow und Roman Rees nur Platz fünf. Am Ende betrug der Rückstand in einem wilden Rennen mit vielen packenden Wendungen 3:51,8 Minuten auf die Spitze. Nur Silber ging an den seit über einem Jahr ungeschlagenen Olympiasieger aus Norwegen. 

«Ich war eine halbe Minute zu spät am Schießstand. Beim ersten Schuss waren die Bedingungen noch beherrschbar, dann war es katastrophal», sagte Kühn. Bei seinem Stehendschießen habe es «so gewindet, dass man gar nicht schießen konnte. Ich habe es gar nicht versucht», sagte der 31-Jährige frustriert: «Es tut mir wahnsinnig leid, aber ich habe nicht mehr machen können.»

Start trotz Sturmwarnung

Lange war wegen einer Sturmwarnung mit angekündigten starken Böen und Windgeschwindigkeiten von bis zu 85 Kilometern pro Stunde unklar, ob die beiden Rennen überhaupt stattfinden. Erst am Morgen wurde entschieden zu starten. 

Hundert Prozent fair sei es zwar nicht gewesen, sagte Doll: «Aber es war die richtige Entscheidung, das Rennen stattfinden zu lassen. Man muss da auch mal ein bisschen an die Zuschauer denken. Und es wäre eine Tragödie gewesen, wenn heute nichts gewesen wäre. In Östersund beim Weltcup dann die WM-Medaille auszulaufen, hätte auch keinen Spaß gemacht», sagte Doll. 

Nach den medaillenlosen Enttäuschungen bei den Olympischen Winterspielen 2022 in Peking und bei der WM 2021 in Pokljuka ging das Quartett beim dritten Großereignis nacheinander leer aus. Zuvor hatten die deutschen Männer in diesem Winter in allen vier Wettbewerben auf dem Podest gestanden. 

Thomas Wolfer und Sandra Degenhardt, dpa

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