Francesco Friedrich wurde Zweierbob-Weltmeister. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa)

Francesco Friedrich hob im Ziel nur cool seinen Zeigefinger und ließ sich von seinem Anschieber Alexander Schüller in die Höhe stemmen. Der Perfektionist im Eiskanal ließ sich bei der Heim-WM in Altenberg weder vom Schneechaos am Vortag noch von der Weltelite beirren.

Mit vier Start- und Laufbestzeiten sowie egalisiertem Startrekord von 5,11 Sekunden raste der Doppel-Olympiasieger vom BSC Sachsen Oberbärenburg zu seinem siebten Zweierbob-Sieg und zugleich zum zehnten WM-Titel. Das schaffte vor ihm noch kein Bobpilot in der 91-jährigen WM-Geschichte. «Wir hatten schon viele Toppiloten in Deutschland, doch dieses Gesamtpaket bei ihm mit seiner Akribie und Perfektion ist einmalig», lobte Cheftrainer René Spies.

Mit Schüller fuhr Friedrich trotz der widrigen Bedingungen einen unglaublichen Vorsprung von 2,05 Sekunden auf den zweitplatzierten Johannes Lochner heraus. «Ein Wahnsinnsjahr bis jetzt, nun kommt noch der Vierer», sagte Friedrich und hat bereits Olympia im Visier: «Alles ist bereits auf Peking ausgerichtet, die Trainingspläne, das Material, einfach alles.»

Der Berchtesgadener Lochner war «mit dem Ergebnis, aber nicht mit den Fahrleistungen zufrieden». Noch am Vortag ging er mit sich hart ins Gericht: «Das hat selbst ein Blinder gesehen, dass die Fahrten unter aller Sau waren.» WM-Debütant Hans-Peter Hannighofer raste mit Christian Röder noch von Platz fünf auf drei vor und komplettierte den Dreifacherfolg. Christoph Hafer/Christian Hammers wurden Siebte.

Die Superlative sind für den 30-jährigen Friedrich schon erschöpft: von «Jahrhunderttalent» (Heimtrainer Gerd Leopold), «Eddy Merckx des Bob-Sports» (Cheftrainer René Spies) bis hin zu «Der Lewis Hamilton des Wintersports» (Kommentator John Morgan aus «Cool Runnings»). Doch Friedrich orientiert sich eher an Formel-1-Idol Michael Schumacher. «Ich habe bei Schumi dieselbe Mentalität wie bei mir selbst gesehen», verriet er zuletzt und betonte hinsichtlich der Akribie, an jeder Stellschraube zu drehen: «Da bin ich wie Schumi. Wenn man diese Mentalität nicht hat, ist man kein Siegfahrer.»

Nun fehlt Friedrich nur noch der Olympia-Rekord. Diesen hält als Pilot André Lange mit vier Olympiasiegen und einer Silbermedaille. «Da bräuchte ich 2026 noch eine Goldmedaille», sagte Friedrich, sollte das Double in Peking gelingen. Die Entscheidung will er erst nach der WM 2023 in St. Moritz fällen. Da begann 2013 seine WM-Siegesserie als jüngster Weltmeister in der Bobhistorie.

Dieses Präsidikat hätte fast auch die 23-jährige Kim Kalicki bekommen, die hinter US-Pilotin Kaillie Humphries erneut WM-Silber holte. Zusammen mit der ein Jahr jüngeren Junioren-Weltmeisterin Laura Nolte, die mit Bronze ihre erste Medaille bei den Frauen holte, brachte sich das talentierte Duo mit einer Machtdemonstration für Olympia 2022 in Stellung. «Ich bin voll zufrieden, wir haben gezeigt was wir können. Kaillie ist hier einfach zu stark», meinte Kalicki, die nach vier Läufen mit Anschieberin Ann-Christin Strack nur 0,35 Sekunden Rückstand auf die siegreiche Humphries hatte.

Nolte, die im Vorjahr bei der WM an gleicher Stelle stürzte, sank vor Freude auf ihre Knie und vergoss Freudentränen. «Wenn man an letztes Jahr denkt, das hatte mich lange beschäftigt. Daher bin ich froh, dass es geklappt hat», meinte Nolte. Im Gegensatz dazu patzten die Etablierten: Stephanie Schneider fuhr am zweiten Tag noch auf vier; Olympiasiegerin Mariama Jamanka wurde nur Sechste.

Von Frank Kastner, dpa

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