Karl Geiger und Markus Eisenbichler (r) liegen vor dem letzten Springen hinter den Podestplätzen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Daniel Karmann/dpa)

Die mäßige Qualifikation dämpfte beim geknickten deutschen Skisprung-Team noch einmal die Stimmung.

Ganz abhaken wollen Markus Eisenbichler und Karl Geiger den goldenen Adler für den Gesamtsieger der Vierschanzentournee zwar noch nicht, große Hoffnungen war in den Gesichtern der Verfolger aber nicht mehr zu erkennen.

«Ich hoffe, dass es eine Trotzreaktion gibt», sagte «Eisei» vor dem Finale am Mittwoch (16.45 Uhr/ZDF und Eurosport). Es war am Dienstag in Bischofshofen noch mit die optimistischste Bekundung. Bundestrainer Stefan Horngacher sagte nach Eisenbichlers achtem und Geigers 25. Rang gar: «Wir müssen jetzt schauen, dass wir den Kopf über Wasser halten.»

Vor der Quali hatte Eisenbichler noch klar optimistischer geklungen. «Man darf nie aufgeben zu glauben, dass noch was möglich ist», sagte der emotionale Oberbayer mit Blick auf die begehrte Trophäe, die Deutschlands Flieger schon seit 19 Jahren nicht mehr gewonnen haben. Eisenbichler als Fünfter und der noch einen Rang besser platzierte Geiger liegen vor dem großen Skisprung-Finale in Bischofshofen direkt hinter den Podestplätzen. Der Trend spricht nach der Niederlage von Innsbruck aber klar gegen die Deutschen. «Zurzeit bin ich ein bisschen verbissen, aber ich lasse mich jetzt mal gepflegt am ‚Piep Piep‘ lecken», sagte Eisenbichler zur eigenen Gemütslage.

Der führende Pole Kamil Stoch hat bereits fast 14 Meter Vorsprung auf Oberstdorf-Sieger Geiger, «Eisei» liegt weitere fünf Meter zurück. «Wir werden angreifen», kündigte der dreifache Weltmeister von 2019 allen Rückschlägen zum Trotz selbstbewusst an. Gemeinsam mit Zimmerkollege Geiger will er «König Kamil» unter Druck setzen. Davon war am Dienstag wenig zu sehen. Stoch gewann auch die Quali und festigte seine Favoritenstellung. Dass sich der erfahrene Pole allerdings einen derart großen Fehler leistet wie Geiger, der am Bergisel in Innsbruck mehr als 15 Meter einbüßte, ist unwahrscheinlich. 

Dafür präsentiert sich Stoch – mit 33 Jahren noch immer in der absoluten Weltspitze – einfach zu konstant. «Es müsste schon viel passieren, dass wir die Polen da vorne noch abfangen können», sagte Geiger. Der Skiflug-Weltmeister macht sich trotz besserer Aussichten noch weniger Hoffnungen als sein Kumpel Eisenbichler.

Auch Bundestrainer Stefan Horngacher kann sich nicht vorstellen, dass sich Stoch den aus deutscher Sicht erforderlichen großen Patzer leistet und die Führung beim finalen Showdown am Mittwoch herschenkt. «In Bischofshofen schon mal gar nicht. Die Schanze gefällt ihm.» Der 51-Jährige kennt den Routinier und dreifachen Olympiasieger gut, trainierte ihn drei Jahre als polnischer Nationalcoach.

«In erster Linie ist der Kamil ein hundertprozentiger Profi», beschreibt Horngacher seinen früheren Schützling. «Er ordnet alles dem Sport unter, selbst sein Privatleben.» Der Österreicher geht sogar noch weiter: «Er ist der perfekte Skispringer.»

Zweimal triumphierte Stoch bereits bei der Tournee, in der Saison 2017/18 sogar als Sieger bei allen vier Springen. Zweiter wurde damals Andreas Wellinger. Überhaupt hat das Duell Deutschland gegen Polen Tradition: Schon Martin Schmitt und der bis dato letzte deutsche Tournee-Champion Sven Hannawald hatten in der polnischen Skisprung-Legende Adam Malysz einen ihrer größten Konkurrenten.

In Titelverteidiger Dawid Kubacki mischt ein weiterer Springer aus dem skisprungverrückten Land als Zweiter ganz vorne mit. Zwischen den beiden Polen und den beiden Deutschen liegt der Norweger Halvor Egner Granerud. Deutlich realistischer als der Angriff auf den Tournee-Titel ist für Geiger und Eisenbichler ein Podestplatz. Eigentlich auch ein erstrebenswertes Ziel, oder? «Das Podium interessiert mich nicht», sagt Eisenbichler und ergänzt in bester bayerischer Mundart: «Wenn, dann mog i gwinna. Da bin i ganz ehrlich.»

Von Thomas Eßer und Patrick Reichardt, dpa

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