Linus Straßer konnte sich vor Glückwünschen kaum retten. Ein «echter Held» sei der neue Slalom-König von Zagreb, schrieb sein verletzter Teamkollege Thomas Dreßen in den sozialen Medien.
Auch die Ex-Skirennfahrer Felix Neureuther und Viktoria Rebensburg bejubelten den ersten Slalom-Weltcupsieg für die deutschen Alpin-Herren seit mehr als drei Jahren – und in Philipp Lahm sogar ein früherer Fußball-Weltmeister.
Straßers triumphaler Torlauf auf dem Bärenberg hat für kollektive Erleichterung rund um das deutsche Skiteam gesorgt. Mit dem zweiten Weltcuperfolg seiner Karriere hat sich der 28 Jahre alte Münchner am Mittwoch zum neuen Hoffnungsträger in der Riege des Deutschen Skiverbands (DSV) aufgeschwungen – auch für das anstehende Wochenende in Adelboden, vor allem aber mit Blick auf die weiteren Slalom-Klassiker im Januar und die WM im Februar.
Nach dem Ausfall des einstigen Kitzbühel- und fünffachen Weltcupsiegers Dreßen, der infolge einer Hüft-Operation womöglich die ganze Saison fehlen wird, drohte es ein recht trister Winter zu werden. In Stefan Luitz meldete sich am Donnerstag zudem noch ein deutscher Technikspezialist wegen einer Oberschenkelverletzung für voraussichtlich vier Wochen vom Weltcup-Geschehen ab.
Doch mit Straßer ist da plötzlich wieder ein anderer, der um Siege und Podiumsplätze mitfahren kann. «Wenn du ein Rennen gewinnst, bist du automatisch Kandidat für weitere Erfolge», sagte der bis dato letzte deutsche Slalomgewinner Neureuther mit Blick auf Straßers Chancen bei den sechs Torläufen, die allein im Januar noch anstehen. «So einen Start in diesen Monat kann man sich nur wünschen.»
Und er nimmt Druck vom deutschen Team. «So ein Sieg beflügelt die ganze Mannschaft», sagte Neureuther. «Es ist schon wichtig, dass dieser Sieg gekommen ist, einfach damit der öffentliche Gedanke aufhört, wann endlich der Thomas wieder zurückkommt.» Zumal Dreßen und Luitz nach den prominenten Abgängen der vergangenen Winter nicht die einzigen sind, die dem DSV als Zugpferde fehlen. Auch der inzwischen ebenfalls abgetretene Fritz Dopfer konnte diese Lücke nicht schließen. Straßer traut er nun aber noch so manchen Coup zu. «Jetzt geht der Spaß erst so richtig los», schrieb Dopfer bei Instagram.
Nachdem er schon vor seinem Sieg in Zagreb als Sechster in Madonna di Campiglio überzeugt hatte, rechnet sich Straßer sicher auch im Slalom von Adelboden, der am Sonntag auf die beiden Riesenslaloms am Freitag und Samstag folgt, etwas aus. Der Torlauf in den Schweizer Alpen sei sein «Lieblingsrennen im Slalomzirkus», sagte der Bayer. Er wolle sein «Bestes tun», es «genießen». Die Dichte in der Spitze sei aber enorm, betonte er. «Da sind so viele Jungs, die gewinnen können».
Straßer zählt nun auch dazu. Nach einem «harten, langen Weg», wie er selbst schilderte. Trotz des Potenzials für eine Hauptrolle war er lange nur als Nebendarsteller auf der großen Skibühne unterwegs, rief seine Leistung statt im Wettkampf oft nur im Training ab, glänzte allenfalls in den Parallel-Events. Doch diesen Winter scheint ihn auch die monatelange Pause, zu der ihn eine Oberschenkelblessur in der Vorbereitung gezwungen hatte, nicht stoppen zu können.
«Er ist als Person die letzten zwei Saisons sehr gereift, hat sich gut weiterentwickelt», sagte DSV-Alpinchef Wolfgang Maier. «Er ist ein richtiger Führungssportler geworden in der Technikermannschaft.» Und eine ihrer größten Hoffnungen für den WM-Winter.