Olympia-Gold? Oder zumindest eine Medaille? Für Franziska Preuß sind diese Themen gerade ziemlich weit weg. «Ich wäre natürlich gerne mit anderen Erwartungen hierher gefahren, aber aktuell muss ich es einfach so nehmen, wie es kommt», sagte die Biathletin in China.
Als größte deutsche Medaillen-Hoffnung war die 27-Jährige in den Olympia-Winter gestartet, doch nach acht Wochen ohne Wettkampf sind die Vorzeichen vor ihrem Comeback an diesem Montag (10.00 Uhr MEZ) im schweren Einzelrennen nun ganz andere. «Natürlich bin ich jetzt sehr gespannt, was der Körper aktuell so hergibt. Ich lasse mich da mal überraschen», sagte Preuß.
Nach verpatztem Start Trost spenden
Unter normalen Umständen wäre die Bayerin ziemlich sicher schon am Samstag zum Auftakt in der deutschen Mixedstaffel dabei gewesen. Doch eine Corona-Infektion und eine Fußverletzung verdarben ihr die Vorbereitung auf die Winterspiele dermaßen, dass sie nur zuschauen konnte, wie die deutschen Skijäger auf dem fünften Platz über die Ziellinie liefen und nie eine echte Chance auf Edelmetall hatten.
Preuß konnte nach dem verpatzten Start nordwestlich von Peking zumindest Trost spenden, denn ausgerechnet Vanessa Voigt, mit der sie sich im olympischen Dorf die Unterkunft teilt, zeigte Nerven und leistete sich zwei Strafrunden. Olympia-Debütantin Voigt, Denise Herrmann, Benedikt Doll und Philipp Nawrath brauchten zudem noch 18 Nachlader und konnten beim Triumph Norwegens kaum etwas ausrichten. «Ich muss das Rennen erstmal sacken lassen, und dann schaue ich sicher positiv auf das Einzel», sagte die von sich selbst enttäuschte Voigt.
Die 24-jährige Thüringerin gilt eigentlich als sichere Schützin, kam mit den widrigen Bedingungen aber nicht klar. «Jetzt ist erstmal der erste Durchputzer gemacht. Ich glaube, ich kriege das bis Montag ganz gut in den Griff», sagte Voigt. Neben ihr und Preuß sind im Einzel – wo es pro Fehlschuss eine Strafminute gibt – auch noch Herrmann und Vanessa Hinz für Deutschland am Start.
Preuß: «Es ist schon nicht einfach»
«Ich freue mich, jetzt wieder dabei zu sein und mitmischen zu können», sagte Preuß zu ihrer eigenen Situation. Gerade die Corona-Infektion Ende Dezember hatte die Gesamtweltcup-Dritte des vergangenen Winters mental ziemlich schwer getroffen. «Einen Tiefpunkt» nannte sie die Tage, die sie isoliert zu Hause verbringen musste, während die Konkurrenz intensiv auf Olympia hinarbeitete. «Die letzten Wochen waren eine große Herausforderung», sagte sie.
Was bei der Rückkehr möglich ist? Zunächst müssen Preuß und Co. mit den extremen Bedingungen klarkommen. Temperaturen von unter minus zehn Grad und eisiger Wind bedeuten bei einer Renndauer von mehr als 40 Minuten sehr hohe Belastungen. «Es ist schon nicht einfach. Gerade die Situation am Schießstand», sagte Preuß: «Man hofft da schon auf weniger Wind, damit faire Bedingungen sind.» Und in der Loipe wird es nicht leichter: «Es ist hart und langsam auf der Strecke.»
Tage zwischen den Rennen zum Erholen
Ihr Start im ersten Einzelrennen ist allerdings auch als Testlauf zu verstehen. «Ich brauche jetzt erstmal wieder die Wettkampferfahrung und wie sich die Wettkampfhärte anfühlt», sagte sie. Wenn alles klappt, soll die Staffel-Weltmeisterin von 2015 anschließend auch im Sprint, in der Verfolgung und in der Frauen-Staffel dabei sein, sich vielleicht auch für den Massenstart qualifizieren. «Das Gute ist, dass zwischen den Rennen immer wieder ein paar Tage zum Erholen sind», sagte Preuß am Sonntag: «Wenn es Schlag auf Schlag gehen würde, wäre es nicht optimal. So traue ich mir das alles zu.»
Zwar hat die Wahl-Ruhpoldingerin schon sieben WM-Medaillen gesammelt, bei Olympia reichte es bislang aber noch nicht für einen Coup. Am nächsten kam sie Edelmetall vor vier Jahren in Pyeongchang. Im Einzel schnappte ihr Laura Dahlmeier Bronze weg, Preuß wurde Vierte.