Am Ort seines größten Triumphs geht die Karriere des Thomas Dreßen vorzeitig zu Ende. Deutschlands langjähriger Top-Abfahrer wird sich am Samstag (11.30 Uhr/ARD und Eurosport) noch einmal die berüchtigte Streif in Kitzbühel hinunterstürzen und sich dann aus dem aktiven Leistungssport zurückziehen. Die Abfahrt am Freitag lässt er aus. Im Alter von nur 30 Jahren zwinge ihn sein Körper nach vielen Verletzungen und Blessuren zum Ende der Laufbahn, kündigte Dreßen im Mannschaftshotel des Deutschen Skiverbands (DSV) etwas überraschend an.
«Es ist einfach so, dass es körperlich nicht möglich ist, ganz vorne mitzufahren», sagte er. «Die Entscheidung ist mir natürlich nicht leicht gefallen.» Dreßen unterstrich, dass es auch ein Leben nach dem Leistungssport gebe und er in der Lage sein wolle, mit seinen Kindern auch später noch Sport zu treiben.
Im Januar 2018 war Dreßen in Kitzbühel sensationell zum Sieg gerast und hatte sich damit in die Weltspitze katapultiert. Es folgten vier weitere Weltcup-Erfolge in der Abfahrt – kein deutscher Skirennfahrer hat in der alpinen Königsdisziplin öfter gewonnen. Hinzu kommen fünf weitere Podestplätze im Weltcup.
Letzter Weltcup-Sieg Dreßens im Februar 2020
Aber auch zahlreiche gesundheitliche Rückschläge prägten die relativ kurze Zeit Dreßens im Weltcup. Der Oberbayer musste in den vergangenen Jahren mehrere Operationen über sich ergehen lassen – an der Hüfte, vor allem aber am rechten Knie. Er erlitt unter anderem einen Kreuzbandriss und einen Knorpelschaden. Dreßen feierte mehrere Comebacks, erreichte aber nie mehr die Klasse von einst. Seinen letzten Weltcup-Sieg feierte er im Februar 2020 im österreichischen Saalbach-Hinterglemm, wo kommendes Jahr die WM stattfindet.
Diesen Winter wollte der Sportler des SC Mittenwald – beflügelt von der Geburt seiner Tochter Elena im vergangenen Juni – noch mal angreifen. Doch er fuhr der Spitze deutlich hinterher und hatte anders als erhofft weiterhin Schmerzen. Ein 18. Platz im Super-G von Gröden kurz vor Weihnachten – mehr war bisher nicht drin.
Nach der Lauberhorn-Abfahrt in Wengen am vergangenen Samstag war schon zu erahnen, dass Dreßen das Ende seiner Laufbahn droht. Der Körper spiele nicht mehr richtig mit, sagte er in der Schweiz. Er berichtete von neuerlichen Beschwerden und kämpfte mit den Tränen. Aus dem sonst so selbstbewussten Topathleten sprach die pure Verzweiflung, selten hatte man ihn zuvor emotional derart angefasst erlebt.
In Kitzbühel bestritt Dreßen am Dienstag zwar noch das erste Training, auf das zweite am Mittwoch verzichtete er aber. Nun will er den Kampf gegen den eigenen Körper nicht mehr weiterführen.