Die neue Slalom-Königin ließ sich erstmal in den Schnee plumpsen. Nach ihrer Wahnsinnsfahrt zu Gold fasste sich Katharina Liensberger in Cortina d’Ampezzo ans Herz, fast verschämt versteckte die Österreicherin ihr Gesicht hinter den Handschuhen.
Mit dem Rennen ihres bisherigen Lebens entthronte die 23-Jährige bei der WM die langjährige Torlauf-Dominatorin Mikaela Shiffrin, die Dritte wurde, aber auch – mal wieder – Ski-Geschichte schrieb. Silber ging an Mitfavoritin Petra Vlhova aus der Slowakei.
Beim letzten Frauen-Rennen dieser WM in den Dolomiten enttäuschte Lena Dürr als beste Deutsche mit Rang 14: «Das nervt mich.»
Um eine ganze Sekunde verwies Liensberger Vlhova auf Platz zwei, Shiffrin war sogar fast zwei Sekunden langsamer als die Sportlerin aus Vorarlberg. «Großartig, das ist unglaublich», sagte Liensberger über den Coup und ihr zweites Gold in Italien nach dem Erfolg im Parallel-Rennen. Dazu kommt Bronze im Riesenslalom. «Ich habe heute alles gegeben. Ich habe so viel geschuftet. Unglaublich, dass irgendwann alles zurückkommt. Ich bin so glücklich.»
Auch wenn Liensberger noch nie einen Weltcup gewonnen hat, kam der Erfolg nicht gänzlich überraschend: Sie stand in dieser Saison in jedem Slalom auf dem Podium. Von so einem goldenen Happy End aber war nicht auszugehen. «Es ist wunderschön, ich weiß nicht, was ich sagen soll», bemerkte sie. «Es ist ein Traum, der wahr wird.» Dann erzählte Liensberger, dass sie tatsächlich mal geträumt habe, ein Rennen mit einer Sekunden Vorsprung zu gewinnen. Jetzt wurde es Realität.
Mit zwei Goldmedaillen und einmal Bronze ist Liensberger neben Lara Gut-Behrami (Gold in Super-G und Riesenslalom, Bronze in der Abfahrt) die erfolgreichste Sportlerin dieser Titelkämpfe in Cortina.
«Das war inspirierend», sagte Shiffrin nach dem Wettkampf und zollte ihrer jungen Rivalin damit den größten Respekt. Die Amerikanerin hatte erstmals überhaupt in ihrer Karriere einen WM-Slalom nicht gewonnen – nach zuletzt vier Goldmedaillen von 2013 bis 2019.
In den Ski-Annalen aber schrieb Shiffrin auch in Cortina ein weiteres Erfolgskapitel: Mit elf Einzelmedaillen schloss sie zu Anja Pärson (Schweden) und Marielle Goitschel (Frankreich) auf – mehr Edelmetall hatte nur die Deutsche Christl Cranz (15) in den 30er Jahren gesammelt. Außerdem raste sie nach Super-G (Bronze), Kombination (Gold) und Riesenslalom (Silber) auch in ihrem vierten Rennen in Cortina d’Ampezzo auf das Podium: Mit vier Medaillen bei einer WM egalisierte sie den Frauen-Rekord von Goitschel, Pärson, Hanni Wenzel aus Liechtenstein und der deutschen Rosi Mittermaier.
Dazu kommt eine schier unglaubliche Bilanz: Shiffrin ist in jedem ihren jüngsten zehn WM-Rennen seit 2015 auf das Podest gefahren – und das in vier verschiedenen Disziplinen. Genug hat sie aber noch lange nicht. «Solche Rennen wie hier sind meine Motivation», sagte sie und lachte. «Lasst uns also Gas geben…vielleicht nicht morgen, aber danach dann.» Auf diese Duelle wird sich auch Liensberger freuen.