Unbekannte Strecken- und Schneeverhältnisse, Corona-Auflagen und die weiterhin schwelende Impfdebatte – gut 100 Tage vor dem Start der Olympischen Spiele in Peking sind bei den deutschen Wintersportlern noch viele Fragen offen.
«Es soll sehr kalt und windig sein», sagte Biathletin Franziska Preuß mit Blick auf ihre spärlichen Informationen rund um die Sportstätten in China und ergänzte: «Ich weiß ehrlich gesagt noch nicht, ob ich mich auf Olympia freue.» Alpin-Chef Wolfgang Maier wisse ebenfalls «nichts», außer, dass es organisatorische Probleme gebe – «ob Unterkünfte oder Einreisebedingungen – an jedem Tag ändert sich etwas.»
Eine optimale Vorbereitung sieht anders aus
Nachdem die Testwettbewerbe größtenteils ausfallen, lernen viele Athletinnen und Athleten die Olympia-Strecken mithilfe von Fotos und Videos kennen. «Wir fischen im Trüben», sagte Biathlon-Bundestrainer Mark Kirchner. Eine optimale Vorbereitung auf den Karrierehöhepunkt vieler Sportler sehe anders aus. «Man weiß nicht so richtig, wo man steht», sagte Kirchner.
Mit Skepsis blicken die Winter-Olympioniken zudem auf das Flair an den Wettkampfstätten rund um die Millionenmetropole – nur einheimische Zuschauer sind erlaubt, und diese sind nicht gerade bekannt für ihre Liebe zum Bobfahren, Ski Cross und Co. «Ich glaube nicht, dass die Spiele dahin gehören, wo das Interesse am Wintersport nicht so groß ist oder die Leidenschaft nicht da ist», sagte Skirennfahrer Josef Ferstl. Peking sei sicherlich nicht der Traumort aller Wintersportler, ergänzte Biathletin und Bronzemedaillengewinnerin von Sotschi, Denise Herrmann.
«Bock hat keiner auf Quarantäne»
Und dann ist da auch noch das Dauerthema Impfen. Nach aktuellem Stand müssen sich ungeimpfte Athletinnen und Athleten nach ihrer Einreise für drei Wochen in eine strenge Quarantäne begeben. Das würde ihre unmittelbare Vorbereitung auf die Wettbewerbe empfindlich stören. «Bock hat keiner auf Quarantäne, das ist klar. Aber das wäre niemals ein Grund zu sagen, ich fahre da nicht hin», sagte Herrmann und hofft auf – wenn nötig – «gute Quarantänemöglichkeiten», wo unter anderem die Verpflegung stimme.
Ein Großteil der deutschen Olympioniken sei bereits vollständig geimpft, sagte zuletzt der Vorstand Leistungssport des Deutschen Olympischen Sportbundes, Dirk Schimmelpfennig. Stefan Schwarzbach vom deutschen Ski-Verband bestätigte das. Alle Olympia-Aspiranten des Bob- und Schlittenverbandes für Deutschland (BSD) seien ebenfalls geimpft, sagte Vorstandschef Thomas Schwab. Es werde jedoch kein Druck auf die Sportler ausgeübt, versicherten alle Seiten.
Olympia in Peking ist ein spezielles Kapitel
Es wird ein anderes Olympia, wie schon bei den Sommerspielen in Tokio. «Beim Wettkampf sind die ganzen Begleitumstände dann aber zweitrangig, da geht es um Olympia-Medaillen», meinte Biathlet Erik Lesser, für den es im Falle einer Qualifikation die letzten Olympischen Spiele wären. Am Ende gewinne der, «der am entspanntesten ist, der sich auf alle Gegebenheiten einstellen kann und nicht dran rummosert», prognostizierte Bob-Doppel-Olympiasieger Francesco Friedrich, der bereits erste Testfahrten auf der neuen Olympia-Bahn in Peking absolvieren konnte. Seine Erfahrungen sind positiv.
«Die Bedingungen sind ziemlich gut, viel besser als erwartet», berichtete Friedrich. Bei den Spielen rechnet er im olympischen Dorf sogar mit lockereren Bedingungen als aktuell. Schließlich seien die Sportler dann eh unter sich und hätten keinen Kontakt zur Außenwelt. Lesser hofft, dass im Dorf «kein Sackgang» ist und die Hygienekonzepte einen zu sehr einschränken, «dass du eigentlich keinen Bock mehr hast, dein Zimmer zu verlassen.»
Bevor die Winterspiele vom 4. bis 22. Februar 2022 in der chinesischen Metropole stattfinden, steht für die Athleten aber zunächst der normale Weltcup-Winter an. Den Start machen die Skirennfahrer in Sölden. «Die Weltcups davor musst du genauso fokussiert angehen», sagte Linus Straßer, der vergangene Saison zweimal aufs Podium fuhr. Olympia sei dann ein eigenes Kapitel – ein in diesem Winter sehr spezielles.