Weltcups im lettischen Eiskanal von Sigulda haben für gewöhnlich Volksfestcharakter, in Zeiten von Corona hallen die Anfeuerungsrufe der Bobfahrer nun kilometerweit durch den einsamen Wald.
Wegen der aktuellen Beschränkungen stand zum Saisonauftakt nur ein gutes Dutzend der Männer-Teams am Start des Zweierbob-Weltcups, bei den Frauen waren es gerade mal neun Schlitten. Dass die Deutschen um die Olympiasieger Francesco Friedrich und Mariama Jamanka gleich wieder siegreich waren, ist angesichts der fehlenden Konkurrenz fast schon standesgemäß.
«Auch wenn die Amerikaner und Kanadier erst im Januar einsteigen, hat der Weltcup für mich einen ähnlichen Stellenwert wie sonst auch», meinte Friedrich, der am Samstag mit Thorsten Margis und 24 Stunden später mit Alexander Schüller gewann. Der Zweierbob-Rekordweltmeister lässt die Kritik, dass unter anderem die starken Kanadier fehlen, nicht gelten. «Das gab es immer mal wieder, dass zum Beispiel die Kanadier nur ein paar Weltcups mitgemacht haben, damit sie sich gezielt auf die WM vorbereiten», sagte der 30-jährige Sachse.
Auf der Jagd nach Rekorden ist dem deutschen Ausnahmepiloten dieser Umstand egal. «Weltcup ist Weltcup. In zwei Jahren schaut keiner mehr auf die Ergebnisse oder fragt, wie viele teilgenommen haben», sagte Friedrich und betonte: «Gerade jetzt ist es für uns Athleten, aber auch für den Verband enorm wichtig, dass wir die Rennen fahren, dass wir im Fernsehen präsentiert werden.»
Cheftrainer René Spies ist sich der Verantwortung im Team bewusst und verwies auf 600 Corona-Tests. Er plante detailliert und getrennt die Unterbringung, Essenszeiten und Athletik-Training. Dafür wurde sogar ein Extra-Bus aus der Heimat mit Hanteln und Gewichten mitgenommen. Dennoch gibt er zu: «Natürlich ist die Skepsis mit nach Sigulda gereist, aber nachdem nur negativ Getestete zugelassen werden, sind wir zumindest in der ersten Woche sicher.»
Seit dem Sonntag gilt für die Bundesregierung ganz Lettland wegen hoher Infektionszahlen als Risikogebiet. In Sigulda greift das Hygienekonzept des Weltverbandes IBSF. Teams aus Österreich und Russland mussten nach positiven Tests kurzerhand abreisen oder sind in einem Hotel in Riga in Quarantäne gegangen.
Nach dem hauchdünnen Auftaktsieg von Friedrich gegen Johannes Lochner, der als Bahn-Neuling im ersten Durchgang in 49,51 Sekunden Bahnrekord fuhr, wollte es der Sachse doch nochmal wissen. Mit Schüller stellte er in 4,78 und 4,75 Sekunden jeweils einen Startrekord auf und legte somit die Grundlage für den 38. Weltcupsieg seiner Karriere. Lochner wurde mit Eric Franke wieder Zweiter.
Bei den Frauen feierte die Oberhoferin Mariama Jamanka mit Vanessa Mark einen gelungenen Einstand. Auf Rang drei hinter der Österreicherin Katrin Beierl kam die Wiesbadenerin Kim Kalicki mit Annabel Galander.