Karl Geiger ließ sich nach einer packenden Wintersport-Show von 25.000 völlig begeisterten Fans im Skisprung-Tollhaus Oberstdorf feiern. Der Lokalmatador stapfte extra noch einmal in den Auslauf, nahm das Stadionmikro und bedankte sich bei den jubelnden Zuschauern.
«Es hat Mega-Spaß gemacht. Ich freue mich riesig, auch wenn es nicht fürs Podest gereicht hat», sagte Geiger und rief hinterher: «Ihr seid der Wahnsinn!» Geiger bescherte dem deutschen Team als Vierter einen überraschend guten Start in die 71. Vierschanzentournee – auch, wenn der überragende Sieger Halvor Egner Granerud schon rund zehn Meter vor ihm liegt.
«Mir ist ein richtig guter Sprung gelungen», sagte Geiger zu seinem Satz auf 134 Meter bei schwierigen Bedingungen im zweiten Durchgang. Zuvor hatten die besten Springer wegen wechselnder Verhältnisse lange warten müssen. Insgesamt dauerte der Wettkampf fast zweieinhalb Stunden.
Bundestrainer Horngacher sehr zufrieden
«Wir können sehr zufrieden sein mit der Leistung unserer Athleten», sagte Bundestrainer Stefan Horngacher, der sich auch über Platz sechs von Andreas Wellinger freute. «Wirklich Respekt vorm Karl und vorm Andi Wellinger, die super abgeliefert haben. Mit dem Druck und den Zuschauern haben sie es sehr, sehr gut gelöst.»
Bei beiden war das nicht unbedingt zu erwarten gewesen. Wellinger, aber auch der 29 Jahre alte Geiger erleben bislang eine durchwachsene Saison. Im vergangenen Jahr war Team-Weltmeister Geiger noch im Gelben Trikot des Spitzenreiters im Gesamtweltcup auf seiner Heimschanze angetreten. Diesmal startete er als Siebtplatzierter. Ein dritter Rang in Titisee-Neustadt als bislang einziger Podestplatz in dieser Saison ist für die Ansprüche des Skisprung-Tüftlers eigentlich zu wenig. Nun zeigte Geiger, was er drauf hat.
Weite Flüge bei der Tournee-Generalprobe in Engelberg sowie ein gelungener Qualifikationstag nach der Weihnachtspause mit seiner Frau Franziska und seiner Tochter Luisa ließen das Vertrauen in die eigene Stärke wieder wachsen.
Geiger: Granerud «auf einem anderen Level»
Erstmals seit Beginn der Corona-Pandemie erlebten die Athleten beim Allgäuer Skisprung-Festival wieder Partystimmung vom Feinsten. «Ziiiieh Karl Geiger – wir ziehen wieder mit», stand auf einem Transparent. Schon lange bevor der erste Springer abhob, feierten die Fans in den Straßen und Gassen des ansonsten so beschaulichen Ortes. 25.000 Skisprungfans in dem 10.000-Einwohner-Ort bedeuteten Ausnahmezustand. Blaskapellen vor den Kneipen, eine Open-Air-Bühne, sogar die Polizei sorgte für Volksfestatmosphäre: Aus den Lautsprechern auf einem großen Polizeitransporter am Bahnhof schallten den Menschen Schlagermusik und Partyhits entgegen.
Auch Wellinger genoss die Stimmung. «Ich bin insgesamt sauzufrieden. Das waren richtig gute Sprünge wieder», sagte der 27-Jährige. Noch bessere Flüge zeigte Granerud. «Das ist schon irre. Er springt schon gerade auf einem anderen Level», sagte Geiger nach dessen Sätzen auf 142,5 und 139 Meter. «Aber er muss es auch erstmal durchbringen.» Granerud gewann klar vor den beiden Polen Piotr Zyla und Dawid Kubacki.
Nächster Tiefpunkt für Eisenbichler
Während sich die Podestspringer freuen konnten, war Markus Eisenbichler überhaupt nicht in Feierlaune. Der Dreifach-Weltmeister von Seefeld 2019 steckt seit Wochen in einer sportlichen Krise und erlebte seinen nächsten Tiefpunkt. Für den 31-Jährigen war der Wettkampf nach einem Sprung auf nur 115 Meter bereits nach dem ersten Durchgang beendet.
«Da glaubst du wirklich, da läuft der Mist jetzt auch noch bergauf», sagte der frustrierte und ratlose Eisenbichler im ZDF. «Die Verfassung stimmt hinten und vorne nicht», ergänzte der emotionale Bayer. Angesichts seiner anhaltenden Leistungsprobleme denkt er sogar über eine Pause nach. «Ich muss mal mit den Trainern reden, ob es Sinn macht, sich noch weiter zu quälen», sagte er.
Horngacher hält nichts von einem möglichen vorzeitigen Ausstieg. «Man muss in Ruhe mit ihm reden, aber ich werde schon dafür appellieren, dass er weiter mit dabei ist», so der Bundestrainer. «Er kann das jetzt völlig entspannt sehen, sich ein bisschen beobachten und für die anderen Jungs da sein. Das ist auch wichtig.»
Neben Geiger und Wellinger holten auch Philipp Raimund (14. Platz), Stephan Leyhe (20.) und Constantin Schmid (29.) noch Weltcup-Punkte.