Seinen Stammplatz im Hotel Isserwirt wird Georg Hackl den deutschen Rodlern überlassen. Doch bei den in dieser Woche anstehenden Europameisterschaften in Innsbruck-Igls hört die Gastfreundschaft des 57-Jährigen auf.
«Jetzt ist Igls quasi auch für mich die Heimbahn. Wir haben uns gut vorbereitet. Die Sportler kennen die Bahn gut und versuchen den Heimvorteil zu nutzen. Bei meinem Debüt im letzten Jahr ist uns das eindrucksvoll gelungen. Auch diesmal ist alles möglich», sagt der dreimalige Olympiasieger.
Nach Hackls Wechsel nach Österreich als Trainer für Fahr- und Schlittentechnik am 1. Mai 2022 gab es gleich beim Wiedersehen für die erfolgsverwöhnten deutschen Rodler zum Auftakt der vergangenen Saison eine Klatsche. Der Stachel sitzt noch immer tief. Es wäre toll, blickt der dreimalige Olympiasieger Felix Loch auf das Wochenende, «wenn wir den Österreichern mal richtig eins – ich will nicht sagen – vor den Karren fahren.»
Neben den Doppelsitzern ruhen die deutschen Hoffnungen am Samstag und am Sonntag vor allem auf Weltcup-Dominator Max Langenhan aus Thüringen und der ebenfalls im Gesamtweltcup nach vier von zwölf Rennen führenden Julia Taubitz. «Ich liebe es, in Igls zu sein. Ich liebe die Umgebung, ich liebe die Bahn, ich liebe das Hotel», sagt die Sächsin.
Seit Jahrzehnten steigen Deutschlands Wintersportler in der Herberge in Lans ab, der viermalige Bob-Olympiasieger André Lange beispielsweise wollte immer ins Zimmer 110. Und wenn Deutschlands Rodler nach der Europameisterschaft und dem Weltcup wieder weg sind, ist der Hackl Schorsch in der Dorfstraße wieder Stammgast.
Deutscher Medaillen-Garant
Der Wechsel der Rodel-Ikone aus Berchtesgaden ins Nachbarland hatte für Aufregung gesorgt, die Wogen haben sich mittlerweile aber geglättet. «Die Österreicher waren schon die ganzen letzten Jahre stark. Die waren auch ohne Georg Hackl weit, weit vorne», sagt Bundestrainer Norbert Loch und meint: «Er fehlt überhaupt nicht. Weil unsere Techniker eine tolle Arbeit machen. Jeder ist ersetzbar.»
Doch Georg Hackl hat weiter eine gewaltige Strahlkraft. Deutschlands Sportler des Jahres von 1998 wird in der Öffentlichkeit noch immer auf seine Erfolge angesprochen – er verkörpert den Rodelsport wie kein anderer. Dreimal Olympia-Gold (1992, 1994, 1998) und zweimal Silber (1988 und 2002) sowie zehn WM-Titel hat er gewonnen. «Der Rodelsport hat mir ein tolles Leben gegeben. Ich konnte eine wunderschöne Aufgabe mit großer Leidenschaft ausüben und war dabei noch erfolgreich», sagt er. «Eine solche Situation zu erreichen, ist schon ein großes Glück im Leben.»
Der Wechsel zu den Nachbarn kam für Hackl wohl zum rechten Zeitpunkt. «Der Schuldige war mein früherer stärkster Konkurrent Markus Prock. Er hat immer wieder angefragt, ob ich bereit wäre, für Österreich zu arbeiten. Aber ein Wechsel kam damals nicht infrage, weil ich bei der Bundeswehr war. Nach meiner Pensionierung vor zwei Jahren hat Markus Prock gesagt, jetzt bist Du nicht mehr bei der Bundeswehr. Jetzt müssen wir reden. Und wir haben geredet.»
Zukunft noch offen
Mit dem Ergebnis, dass Hackl in Österreich einen nach seiner Aussage attraktiven Vertrag bis 2026 unterschrieben hat – «mit zum Beispiel viel Freizeit im Sommer und anderen Vorteilen. Was dann in der Summe für mich sehr verlockend war», sagt er. «Ich habe mir gedacht: Du warst Dein ganzes Leben bei der gleichen Firma, Du könntest auch noch einmal etwas anderes machen.» Procks Tochter Hannah (23), Einsitzer-Dritte beim letzten Weltcup in Winterberg, findet es gut: «Wir freuen uns, dass er da ist.»
Was für Hackl danach kommt, ist offen. «Ich fahre seit 40 Jahren jeden Winter mit dem Rodelsport durch die Welt, reise von einem Hotel zum anderen, habe im Winter kaum Freizeit. Das Privatleben leidet im Winterhalbjahr sehr. Deshalb», sagt er, «werde ich nach Olympia definitiv kürzertreten. Aber ich kann mir durchaus vorstellen, dass ich in anderer Form Aufgaben übernehme.» Die Österreicher haben schon, so Hackl, «Interesse für darüber hinaus signalisiert».