Silber in der WM-Verfolgung: Biathletin Denise Herrmann-Wick (l) am Schießstand. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Martin Schutt/dpa)

Bei ohrenbetäubendem Lärm hüpfte Denise Herrmann-Wick im Oberhofer Hexenkessel schon wieder aufs Podest und entfachte mit ihrer zweiten WM-Medaille die nächste Biathlon-Party. Die Olympiasiegerin gewann zwei Tage nach ihrem Gold-Coup im Sprint auch noch Silber in der Verfolgung.

Lange war für die Sächsin sogar der zweite Titel beim stimmungsvollen Heimspiel in Thüringen greifbar, doch zwei Strafrunden im entscheidenden letzten Schießen waren zu viel. Mit insgesamt vier Schießfehlern hatte die 34-Jährige im Ziel 27,0 Sekunden Rückstand auf die französische Gesamtweltcup-Führende Julia Simon (1 Fehler). Bronze ging an Marte Olsbu Röiseland (3) aus Norwegen.

«Es war heute richtig hart. Es war ein cooles Rennen und so von vorne weg ist das bei der Atmosphäre richtig, richtig cool», sagte Herrmann-Wick. Hätte sie erneut Gold geholt, wäre sie die erste Deutsche seit Andrea Henkel vor 15 Jahren gewesen, die das in Sprint und Verfolgung bei einer WM schafft. «Ich wollte am Ende schon treffen, aber ich habe den Kürzeren gezogen.» Es sei bei der Belastung vor 23 500 Fans «nicht so einfach» gewesen.

Männer holen im Verfolger auf

Alles andere als einfach war es auch für die deutschen Männer. Johannes Kühn war als Achter im Sprint und Sechster in der Verfolgung der Beste der DSV-Skijäger. Zwei Fehler im letzten Schießen kosteten den Bayern am Sonntag eine Chance auf Edelmetall. Roman Rees schaffte es als Zehnter noch unter die Top Ten. Während Dominator Johannes Thingnes Bö aus Norwegen beide Goldmedaillen gewann und nun schon drei Titel beim Saison-Höhepunkt einsammelte, erlebte Ex-Weltmeister Benedikt Doll unterschiedliche Tage. Nach Platz 55 im Sprint gab im Jagdrennen immerhin noch Rang 15.

«Ich habe auf der Schlussrunde nochmal alles rausgehauen», sagte Herrmann-Wick derweil. Aber die Kraftanstrengung brachte sie nicht mehr nah genug an die glänzend aufgelegte Simon heran. «Ich merke schon, die Beine brauchen auch mal bisschen Erholung», sagte sie und lobte die deutschen Fans: «Das war der Gipfel der Stimmung.»

Medaillen in Sprint und Verfolgung bei der gleichen WM hatte aus deutscher Sicht zuletzt Laura Dahlmeier 2019 in Östersund gewonnen. Bei den damaligen Titelkämpfen gewann Herrmann-Wick bereits den Titel in der Verfolgung, insgesamt hat die ehemalige Langläuferin nun schon acht WM-Medaillen gesammelt. Die nächste Chance gibt es am Mittwoch im Einzel. Für die deutsche Mannschaft war es in Oberhof die zweite Medaille im vierten Wettbewerb.

Debütantinnen Schneider und Kebinger stark

Für ein starkes Mannschaftsergebnis sorgten Sophia Schneider (4) als Fünfte und Hanna Kebinger (2) als Achte. «Im Team war es natürlich eine grandiose Leistung, das macht es noch viel schöner den Tag heute», sagte Herrmann-Wick: «Gerade für die jungen Mädels ist das ein richtig gutes Zeichen. Die, die Nachkommen, haben richtig was drauf, da geht richtig der Zug nach vorne los.»

Die 25 Jahre alte Schneider lag kurz vor Schluss sogar auf dem Bronzerang, hielt dem Druck im letzten Schießen aber nicht stand. «Ich war echt ganz nah dran», sagte Schneider, die sich nicht lange ärgerte und daraus lernen will: «Ich habe versucht, es auszublenden, aber es ist mir nicht ganz gelungen.»

Einen Tag zuvor hatte Herrmann-Wick bei einer emotionalen Zeremonie im Oberhofer Kurpark noch ihr Gold in Empfang genommen. Neben dem gesamten deutschen Team waren auch 5500 Fans gekommen und hatten für Gänsehaut-Atmosphäre gesorgt. «Es ist unglaublich. Ich hatte gerade fast einen höheren Puls als beim Wettkampf», sagte sie: «Das ist so schön, wenn man die Gesichter sieht. Etwas Schöneres gibt es einfach nicht.»

Zur inoffiziellen deutschen WM-Hymne «Der Zug hat keine Bremse» tanzte Herrmann-Wick im Scheinwerferlicht zur Bühne. «Das bleibt einfach für immer. Da muss man den Moment auch mal genießen», sagte Herrmann-Wick, die bei der Nationalhymne feuchte Augen bekam: «Da kommt dann schon mal hoch, was man alles durchgemacht und investiert hat.»

Chancen bis zur letzten Runde

In der Verfolgung ging Herrmann-Wick bei Nebel zwei Sekunden vor Sprint-Vizeweltmeisterin Hanna Öberg auf die Strecke. Beide mussten gleich nach dem ersten Schießen einmal in die Strafrunde, von hinten holte Simon auf. Auf dem harten Kurs mit dem gefürchteten Birxsteig als steilstem Anstieg entwickelte sich ein enges Rennen, in dem Herrmann-Wick noch vor dem zweiten Schießen wieder führte. Weil Öberg zweimal und Linn Persson bei diffusem Licht sogar dreimal in die Strafrunde mussten, zog die Sächsin ohne Patzer davon und lag 23 Sekunden vor Schnellschützin Simon. In der Loipe zeigte die Deutsche ihre starke Form und baute den Vorsprung vor dem ersten Stehendschießen auf etwa eine halbe Minute aus.

Dieser war nach dem zweiten Schießfehler dahin, weil Simon das dritte Mal alle Scheiben abräumte. In das entscheidende vierte Schießen ging Herrmann-Wick nach einer weiteren schnellen Laufrunde mit etwas Vorsprung. Zwei Strafrunden zerstörten zwar alle Goldträume, trotzdem gab es wieder eine Party-Polonaise mit dem Team durch das Stadion. «Da ist es keine Schande, da nicht zu bestehen, das ist aber natürlich das Ziel für die nächsten Rennen», sagte Herrmann-Wick.

Von Thomas Wolfer und Sandra Degenhardt, dpa

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