Biathletin Denise Herrmann zeigt stolz ihre Goldmedaille. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Angelika Warmuth/dpa)

Ihre Goldmedaille muss Denise Herrmann öfters mal unter ihrem Bett im olympischen Dorf hervorholen. «Es kommt ab und zu mal jemand vorbei und will das gute Stück in die Hand nehmen», sagte die Ex-Weltmeisterin.

Ihren überraschenden Coup im Biathlon-Einzel vom Montag hat die 33-Jährige mittlerweile realisiert und kann den Neugierigen stolz ihr Edelmetall präsentieren – und die Chance auf die nächste Medaille wartet schon. Nach dem erlösenden Olympiasieg scheint für sie im Sprint am Freitag (10.00 Uhr MEZ/ARD und Eurosport) alles möglich.

«Ich will für mich einfach gute Wettkämpfe machen. Ich rechne nicht damit, dass ich in jedem Wettkampf Medaillen abräume», sagte die Sächsin. Zu viel Druck sei schädlich, deswegen braucht sie ihre Goldplakette auch nicht ständig vor Augen zu haben und deponierte sie lieber außerhalb des Blickfelds. Es stehe «noch einiges an», sagte die erfahrene Herrmann: «Da muss man die Spannung jetzt hochhalten. Ich hoffe, das gelingt mir gut.» Konkret gibt es in Sprint, Verfolgung, Staffel und Massenstart noch vier Rennen für sie.

Auf Dahlmeiers Spuren

Herrmann hat die Chance, ihrer Freundin Laura Dahlmeier zu folgen. Die mittlerweile zurückgetretene Überfliegerin hatte vor vier Jahren in Pyeongchang erst Gold im Sprint und dann in der Verfolgung geholt. Ob das auch die ehemalige Langläuferin Herrmann schaffen kann? Der Kreis der Sieg-Kandidatinnen ist groß und wird von der Norwegerin Marte Olsbu Röiseland angeführt, die in China mit Norwegens Mixed-Staffel ebenfalls schon triumphierte und zudem Einzel-Bronze holte. Auch die anspruchsvollen äußeren Bedingungen mit Temperaturen von minus zehn Grad und teils starkem Wind machen Prognosen schwer.

«Im Biathlon ist jeder Wettkampf neu, da werden die Karten wieder neu gemischt», sagte Herrmann, die auch mit Konkurrenz aus dem eigenen Team rechnet. Die Thüringerin Vanessa Voigt hatte Bronze im Einzel um nur 1,3 Sekunden verpasst. Auch Vanessa Hinz, 2018 Olympia-Fünfte im Sprint, und die genesene Franziska Preuß zeigten aufsteigende Form. Das Quartett tritt nun erneut für Deutschland an. «Wir wissen alle, dass es einen beflügelt im Team. Es ist einfach cool, wenn man eine Olympiasiegerin im Team hat und letztendlich bestärkt das die Mannschaftsleistung», sagte Voigt, ergänzte aber auch: «Wir sind alle bodenständig. So eine Goldmedaille lässt da jetzt keinen abheben.»

Olympia wurde alles untergeordnet

Die Blicke werden trotzdem auf Herrmann gerichtet sein. In der Loipe präsentierte sich die siebenmalige Weltcupsiegerin im Nordwesten Pekings bislang enorm stabil. Die Nervenstärke bei 19 von 20 Treffern am Schießstand im Einzel war zudem beeindruckend. «Ich weiß nicht, wie es sich anfühlt, wenn man mit sowas im Rücken wieder am Start steht», sagte sie: «Ich hoffe natürlich, dass sich das gut anfühlt und dass es sich vielleicht ein bisschen leichter laufen lässt.»

Vier Jahre lang hatte Herrmann der Vorbereitung auf die Winterspiele in Peking alles untergeordnet. Viele zweifelten schon, als es im Saisonverlauf zuletzt überhaupt nicht laufen wollte. «Wenn die Erfolgserlebnisse ausbleiben, nagt es schon irgendwann an der Psyche», sagte Herrmann der «Süddeutschen Zeitung». Ihr Umfeld habe ihr Mut zugesprochen, sie selbst immer an sich geglaubt. «Aber das ist trotzdem nicht jeden Tag einfach, da sind auch mal ein paar Tränen gekullert, auch wenn ich da nicht so der emotionale Typ bin.»

Ihre erste olympische Goldmedaille ist der Lohn für jahrelanges unerbittliches Training und viele Entbehrungen. Doch auch das bietet nun noch eine besondere Herausforderung. «Es ist manchmal gar nicht so einfach, aus so einer Situation heraus den Fokus wiederzufinden», sagte Herrmann. Das soll nun gelingen: «Ich weiß, dass ich in einem guten Modus bin. Ich hoffe, das kann ich noch ein, zwei Mal zeigen.»

Von Thomas Wolfer, dpa

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