Entsetzt vom eigenen desaströsen Auftritt übten die deutschen Biathleten nach dem schwächsten WM-Ergebnis ihrer Geschichte harte Kritik an sich selbst.
«Das war alles schlecht heute», sagte Erik Lesser nach seinem indiskutablen 66. Platz im Sprint von Pokljuka. Der Thüringer verpasste damit in Slowenien sogar das Verfolgungsrennen am Sonntag, Olympiasieger Arnd Peiffer war als bester DSV-Skijäger auf Platz 36 ebenso chancenlos. «Wenn wir nicht liefern, haben wir keine Argumente. Wir als Athleten müssen uns an die eigene Nase fassen», sagte Peiffer, der in seiner Paradedisziplin über zehn Kilometer zu den Medaillenkandidaten gehört hatte.
Während der vom Münchner Trainer Johannes Lukas betreute Schwede Martin Ponsiluoma seinen ersten Weltmeistertitel bejubelte, mussten die deutschen Skijäger den nächsten bitteren Tiefschlag hinnehmen. «Das war von vorne bis hinten ein Griff ins Klo», sagte Lesser, der als Letzter des enttäuschenden DSV-Quartetts ins Ziel kam. Mit fast zweieinhalb Minuten Rückstand. «Mir ist die Lunge explodiert, mir sind die Muskeln explodiert», sagte er.
Hinter Peiffer kamen Ex-Weltmeister Benedikt Doll auf Platz 39 und Johannes Kühn als 45. an – so schlecht waren die Deutschen bei einer WM noch nie. Zum Vergleich: Seit der Wiedervereinigung war zuvor der 16. Sprint-Rang von Andreas Birnbacher bei der WM 2012 in Ruhpolding das schwächste Resultat.
«Ich habe mich unterwegs gefragt, warum ich Teil der WM-Mannschaft bin», sagte Lesser offen. Schon zum Auftakt mit der Mixed-Staffel enttäuschte er sowohl läuferisch als auch am Schießstand. Der Frankenhainer wurde deutlich: «Was hier abgeht, kann ich mir nicht erklären. Mit so einer Leistung biete ich mich für nichts mehr an.»
Nach dem verpatzten Start mit Platz sieben in der Mixed-Staffel gilt es nun ganz schnell, die Köpfe wieder frei zu kriegen. Nicht nur Bundestrainer Mark Kirchner ist mehr denn je als Psychologe gefragt. «So lang ist eine WM ja auch nicht. Wir müssen uns verbessern», sagte Peiffer (33). Im Jagdrennen am Sonntag müssen nun die Teilleistungen stimmen, um wieder Selbstvertrauen zu tanken. «Es ist der Wurm drin. Ich habe Bedenken, dass sie sich jetzt in ein Loch eingraben», sagte ARD-Expertin und Rekord-Weltmeisterin Magdalena Neuner.
Vor allem am Schießstand lief bei Peiffer & Co. nichts zusammen. Während Sieger Ponsiluoma und der zweitplatzierte Franzose Simon Desthieux fehlerfrei blieben, schossen die Deutschen insgesamt zwölf Fehler: Peiffer und Lesser je zwei, Doll und Kühn je vier. Dritter wurde der Franzose Emilien Jacquelin mit einer Strafrunde. Die favorisierten Norweger um Star Johannes Thingnes Bö (5.), die vorher alle sechs Weltcupsprints gewonnen hatten, gingen leer aus. «Das ist wie ein Schlag ins Gesicht», sagte Bö in der ARD.
Während Peiffer und Lesser nach der Mixed-Staffel noch über eine falsche Materialwahl geklagt hatten, waren sie diesmal bei minus elf Grad Celsius, leichtem Schneefall und Windstille auf der 1350 Meter hochgelegenen Hochebene mit ihrer eigenen Leistung nicht konkurrenzfähig. Einzig die Laufzeiten bei Doll (30) und Kühn (29) passten. «Wir sind natürlich enttäuscht. Da bleibt uns nichts übrig, als das abzuhaken. Die Männer werden wir jetzt wieder aufbauen», sagte der deutsche Sportdirektor Bernd Eisenbichler.
«Das war ein schlechtes Stehendschießen und dann war das Rennen im Prinzip schon gelaufen. Das Material hat gepasst. Aber ich hatte in der letzten Runde ein paar Magenprobleme, optimal war es beim Laufen nicht», sagte Peiffer. Auch Doll war frustriert, wirkte fast schon ratlos. Beim Anschießen passte noch alles, später ging dann mit dem Gewehr nichts mehr. «Mich ärgert das richtig. Die ersten beiden Fehler haben mich aus meinem Vorhaben geschmissen», sagte er.
Der Druck auf die DSV-Mannschaft steigt nun nach nur zwei von zwölf Rennen bereits. Die nächste Möglichkeit zur Besserung haben die Frauen um Franziska Preuß und Denise Herrmann am Samstag (14.30 Uhr/ARD und Eurosport) im Sprint über 7,5 Kilometer.