Der Wintersport steht vor einer schwierigen Zukunft. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Hendrik Schmidt/dpa)

Wenn im Frühjahr nur noch wenig weiße Flecken auf den Bergen und an den Loipen auszumachen sind, neigt sich die Wintersportsaison dem Ende entgegen. Anders als der Schnee werden die Debatten um die Zukunft von Wintersport aber nicht wegschmelzen. Zuletzt sind der Sport und die Athleten oft hinter andere Themen gerückt – und diese dürften künftig nicht kleiner werden.

Wie geht es weiter mit dem Wintersport angesichts solcher Herausforderungen wie dem Klimawandel, dem Expansionswunsch in exotischere Gegenden und der teils großen Verteuerung? Auf was müssen sich Biathleten, Skirennfahrerinnen, Bobfahrer und Rodlerinnen sowie nordische Skisportler einstellen?

Die Klimakrise verschärft sich

Die Bilder von dünnen, weißen Bändern in der ansonsten grünen Landschaft gehören längst zum Wintersport-Alltag. «Die Gebiete, in denen es Schneesicherheit gibt, werden weniger», hatte Klimaforscher Werner Aeschbach vom Institut für Umweltphysik in Heidelberg der Deutschen Presse-Agentur schon im Vorjahr gesagt: «In 2000 Metern wird es aber immer noch viel Schnee geben. Unter 1000 Meter gibt es diese Sicherheit aber eben mittelfristig nicht mehr.»

Weltcups standen in den vergangenen Monaten mehrfach auf der Kippe oder wurden abgesagt. Events in Deutschland klappten nur mit großem Aufwand, das Snowboard-Finale in Berchtesgaden fiel aus. «Ich mache mir natürlich Sorgen um die Zukunft unserer Sportart», sagte Frankreichs Biathlon-Star Julia Simon. Die 27-Jährige hatte bei der WM im Februar in Nove Mesto vier Goldmedaillen gewonnen – und dabei auch mit viel zu hohen Temperaturen und Dauerregen zu kämpfen.

«Ich glaube, das wird eher das neue normal als die Ausnahme sein. Wir werden in der Zukunft noch sehr viele solche Wettkämpfe sehen», prognostizierte Biathlon-Sportdirektor Felix Bitterling angesichts der Auswirkungen des Klimawandels mit weniger Schnee und kürzeren Kältephasen.

Die Terminkalender werden voller

Manche Sportler und Funktionäre fordern, sich auf die Kern-Monate im Winter zu konzentrieren, in denen die Chance auf Schnee am größten ist. Das aber hätte eine Verkleinerung der Weltcup-Kalender zur Folge – und wohl auch weniger finanzielle Einnahmen für die internationalen Verbände. Die wollen also mehr statt weniger. Der Ski- und Snowboard-Weltverband Fis nahm schon in der vorigen Saison eine – vermeintlich – spektakuläre Abfahrt am Matterhorn ins Programm. Sowohl im Herbst 2022 als auch 2023 fiel diese den Wetterbedingungen zum Opfer – ein PR-Desaster.

«Es gehört so aufgeteilt, dass man vier Monate lang Ski fährt», forderte der deutsche Chefcoach Christian Schweiger unlängst, «und nicht 13 Slaloms und irgendwelche besonderen Abfahrten im November auf 4000 Metern Höhe hat.»

Neue Märkte und Events im Blick

Die Fis aber will unbedingt neue Reize setzen, etwa beim Skispringen. «Wir denken an eine mobile Anlage. Die könnten wir in Rio im Maracanã aufbauen und eine Riesenshow bieten», sagte Fis-Topfunktionär Sandro Pertile und sorgte damit für Aufsehen. Skispringen auf Matten in Brasilien oder in riesigen Indoor-Hallen in Dubai? Ob es dazu wirklich kommt – fraglich.

«Wir haben großartige Möglichkeiten: Wir können auf Schnee springen. Wir können auf Matten springen. Wir können hybrid springen», sagte er. «Und somit könnten wir nach Brasilien und nach China, dorthin, wo viele Menschen sind.» In der vergangenen Saison startete der Weltcup im polnischen Wisla erstmals auf grünen Matten statt auf Schnee.

Ähnliche Möglichkeiten bieten sich im Biathlon, wo bislang nur im Sommer die Ski gegen Skiroller getauscht werden. Das muss nicht ewig so bleiben. In Stockholm gab es in diesem Jahr zudem schon erstmals ein Biathlon-Showrennen mit hochkarätiger Besetzung mitten in der Stadt, ähnlich wie kurz vor dem Jahreswechsel bereits traditionell in der Schalker Fußball-Arena.

Finanzielle Herausforderungen steigen

Mit neuartigen Events weit entfernt von Kern-Europa bringen die Verbände ihre Sportler aber immer wieder in die Bredouille. Der Weltcupstart der Bob-Frauen in Peking etwa musste in diesem Winter abgesagt werden. Der Versand des Materials ist nicht nur zeitaufwendig, sondern auch kostenintensiv. Das können sich kleinere Nationen nicht leisten: Am Ende waren nur sieben Frauen-Schlitten für die Rennen auf der Olympia-Bahn von 2022 gemeldet.

«Das ist natürlich ein wahnsinniger Imageschaden», sagte der deutsche Cheftrainer René Spies, der bei den Männern nur eine Mini-Delegation um den Doppel-Olympiasieger Francesco Friedrich nach China schickte.

Von Thomas Wolfer und Manuel Schwarz, dpa

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