Einen ungünstigeren Zeitpunkt für das als großes Langlauf-Fest geplante Stadtevent von Dresden hätte es kaum geben können.
In Sachsen schnellen die Corona-Zahlen weiter in die Höhe, Triage-Äußerungen eines Mediziners und die große Sorge der Politiker vor einer weiteren raschen Ausbreitung verdeutlichen den Ernst der Lage. Während sich der Freistaat erneut im harten Lockdown befindet, sollen am Wochenende am Dresdner Elbufer die Weltcup-Rennen der Langläufer stattfinden. Natürlich ohne Zuschauer und ohne jede weihnachtliche Stimmung, die die Wettbewerbe sonst ausmachen.
Doch damit nicht genug der Sorgen. Die nordischen Top-Nationen Norwegen, Schweden und Finnland verzichten auf einen Start im letzten Rennen vor dem Weihnachtsfest. Bei einer Fußball-WM käme dies dem Verzicht von Brasilien, Argentinien und Italien gleich. Der deutsche Teamchef Peter Schlickenrieder äußerte sich jüngst entsetzt über die Absagen und das Verhalten des Weltverbandes. Auf die Frage, wie die Fis auf die Absagen reagiere, sagte Schlickenrieder der Deutschen Presse-Agentur: «Wie immer: Gar nicht. Das ist ein Armutszeugnis, was da gerade passiert.»
Dabei hatten sich die Veranstalter alles so schön ausgemalt. Links der Elbe der 586. Dresdner Striezelmarkt, rechts der Elbe die festlich geschmückte Dresdner Neustadt mit ihren vielen kleineren Märkten. Dazwischen das schneebedeckte Königsufer mit den besten Langlauf-Sprintern der Welt. Ein Zuschauermagnet ohnegleichen für die Sportart. Statt «O du Fröhliche» herrscht nun aber große Tristesse am vierten Adventswochenende.
«Ganz so schlimm ist es nicht. Wir freuen uns, dass wir überhaupt starten und uns präsentieren dürfen und den Leuten daheim an den Bildschirmen damit eine Freude bereiten können», relativierte Andreas Schlütter, Sportlicher Leiter der deutschen Langläufer. «Eine Absage stand nie zur Debatte», betonte Organisationschef René Kindermann. Auch ohne Zuschauer komme man Dank der zugesagten Unterstützung von Bund und Land mit einer schwarzen Null heraus.
Dass die Top-Nationen Norwegen, Schweden und Finnland den Weltcup auslassen, ist ein heikles Thema, zumal Skispringer und Biathleten dieser Nationen Woche für Woche im Weltcup an den Start gehen. Die harten Quarantäne-Bestimmungen – in Norwegen beinhalten diese beispielsweise eine komplette Isolation, in der auch kein Training möglich ist – scheinen die Verbände für jede Sportart unterschiedlich zu bewerten.
Mit Blick auf die WM in Oberstdorf (ab 23. Februar) dürften hier auch nationale Interessen eine Rolle spielen, zumal Norwegen den Weltcup in Lillehammer mit Verweis auf die Schneesituation und Organisationsfragen absagte, gleichzeitig aber für die Elite des Landes genau dort dann einen Wettkampf ausrichtete.
Oder es fehlen tragfähige Corona-Konzepte, die über einen gesamten Winter funktionieren. Schlütter beschreibt das deutsche Konzept so: «Wir haben für uns eine Clusterform ausgearbeitet. Da fahren maximal drei Leute in einem Kleinbus zusammen und bleiben dann auch die ganze Zeit unter sich in den Quartieren, beim Essen usw. Das geht soweit, dass die Athleten, wenn sie daheim sind, auch ihre Familien testen lassen, auf eigene Rechnung.» Das stetige Tragen von FFP2-Masken ist Standard.
Die Fis hat für einen solchen Fall die Regularien im Weltcup für den Pandemie-Winter angepasst. Jetzt zählt eine Veranstaltung auch als Weltcup, wenn der Veranstalter es den Nationen erlaubt, daran teilzunehmen. Ursprünglich mussten mindestens sieben der zehn besten Länder des Nationencups teilnehmen, um als Weltcup gewertet zu werden. Das hätte den Dresdnern ohne die Skandinavier und Kanada den Weltcup-Status gekostet. So aber sind 24 Länder mit namhaften Sprintern dabei. Anfeuerungen und Jubel kommen diesmal vom Band.