Arnd Peiffer hängte sich ganz corona-konform seine hart erkämpfte WM-Silbermedaille selbst um den Hals – und jubelte dann im leeren Stadion in Richtung seiner Teamkollegen.
Der zweite Platz im Einzel von Pokljuka war für die bislang so enttäuschenden deutschen Biathleten eine wahre Erlösung. «Dass es für eine Medaille reicht, ist genial. Das tut dem ganzen Team gut», sagte Peiffer und verriet sein persönliches Motto für den schweren Klassiker: «Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert. So bin ich rangegangen.»
Zuvor hatten die Skijäger in sechs Rennen keine einziges Edelmetall geholt und liefen den hohen Erwartungen weit hinterher. Doch nach viel Kritik sorgte einmal mehr Peiffer, mit 33 Jahren erfahrenster Athlet im DSV-Team, für das Erfolgserlebnis. Nach 20 Kilometern und ganz ohne Schießfehler musste sich der Niedersachse einzig dem ebenfalls fehlerlosen Norweger Sturla Holm Laegreid geschlagen geben. Bronze ging an dessen Teamkollegen Johannes Dale. Für Peiffer war es in seiner langen Laufbahn schon WM-Medaille Nummer 17.
«Ich wollte nur für mich ein gutes Rennen machen, da war mir die Platzierung erstmal egal», sagte der Sprint-Olympiasieger von Pyeongchang, nachdem er alle 20 Treffer ins Ziel brachte. Auch von einem Randtreffer am Anfang ließ er sich nicht aus der Ruhe bringen. Es war der Grundstein für die erste Medaille der Schützlinge von Bundestrainer Mark Kirchner in Slowenien. Nur 16,9 Sekunden fehlten Peiffer zu seinem zweiten WM-Einzelgold nach 2019 in Schweden.
Wie groß der Druck im deutschen Team war, zeigte die emotionale Reaktion von Kirchner, der nach Peiffers finalem Treffer völlig euphorisch losjubelte. Zuvor hatte ein historisches WM-Debakel gedroht. Wäre es so weitergegangen wie zuvor im Sprint und in der Verfolgung, hätte das deutsche Männer-Team erstmals seit 1969 am Ende ohne Medaille dastehen können. Doch Peiffer bewahrte sein Team davor und sorgte für das ersehnte Selbstvertrauen für die Staffel am Samstag und den abschließenden Massenstart tags darauf.
Die nackten Zahlen nach Sprint und Verfolgung lasen sich ernüchternd: 20, 31, 36, 41, 39, 45, 66. So schlecht lief es noch nie für die DSV-Skijäger. Die Deutschen bekamen ausgerechnet beim Saisonhöhepunkt beide Teilleistungen zuvor nicht zusammen: Während beim schlechtesten Sprint der Geschichte und auch im Jagdrennen vor allem am Schießstand teils haarsträubende Ergebnisse abgeliefert wurden, konnten im Verfolger wenigstens in der Loipe Doll als Zweitschnellster, Peiffer als Sechster und Kühn als Neunter überzeugen.
Doch Peiffer und seine Kollegen drückten wie erhofft den Reset-Knopf und stellten alles noch mal auf Null – vor allem mental. Und rehabilitierten sich nun mit einer geschlossenen Mannschaftsleistung im schweren Einzelrennen: Benedikt Doll als Achter und Roman Rees als Zehnter schafften ebenfalls starke Resultate. Johannes Kühn wurde 24. «Top-Ten-Ergebnisse sind ja schön, aber wenn man mit einer Medaille belohnt wird, ist es umso schöner. Es freut mich richtig für Arnd», sagte Doll, der mit seinem Rennen auch zufrieden war: «Heute war es am Schießstand ein Genuss, Ruhe, Sicherheit, ein sauberes Abarbeiten. Mit zwei Fehlern bin ich unfassbar zufrieden, denn zuvor war es alles andere als gut.»
Einer hatte im Vorfeld auf Peiffer getippt. «Ich wette, dass Arnd Zweiter wird und im Einzel einen guten Wettkampf macht», sagte Frankreichs mittlerweile zurückgetretener Superstar Martin Fourcade – und behielt Recht. «Schön, dass es auch im positiven Sinne selbsterfüllende Prophezeiungen gibt», sagte Peiffer.