Skisprung-Rennleiter Sandro Pertile (r) hat große Visionen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Angelika Warmuth/Deutsche Presse-Agentur GmbH/dpa)

Deutsche Sportfans denken beim Maracanã wohl als Erstes an Bastian Schweinsteiger, Mario Götze und den WM-Triumph der deutschen Fußballer 2014. In Zukunft könnten sie das legendäre Stadion in Rio de Janeiro auch mit Skispringen verbinden – zumindest wenn es nach Fis-Rennleiter Sandro Pertile geht.

«Wir denken an eine mobile Anlage. Die könnten wir in Rio im Maracanã aufbauen und eine Riesenshow bieten», sagte der Sprung-Funktionär des Weltverbandes Fis im österreichischen Bischofshofen. Pertile hat für seinen Sport große Visionen.

Der Italiener sieht seine Aufgabe nicht nur darin, spannende und sichere Wettkämpfe im Weltcup zu organisieren. Pertile denkt an die Zukunft seines Sports vor dem Hintergrund des Klimawandels und an neue Vermarktungsstrategien. Noch sieht er Skispringen als Wintersport. In Zukunft könnte das aber anders sein.

Zuletzt eh wenig Schnee

Pertile verweist auf die beendete Vierschanzentournee, bei der die Kulisse mit grünen Wiesen und braunen Hügeln in Oberstdorf, Garmisch-Partenkirchen und Innsbruck von einem Winter-Wunderland ziemlich weit weg war. Pertile denkt nach eigenen Angaben zehn Jahre voraus. Ein möglichst wetterunabhängiges Erfolgsprodukt ist sein langfristiges Ziel. Skispringen soll globaler werden. Die Formel 1 ist sein Vorbild.

«Wir haben großartige Möglichkeiten: Wir können auf Schnee springen. Wir können auf Matten springen. Wir können hybrid springen», sagte er. «Und somit könnten wir nach Brasilien und nach China, dorthin, wo viele Menschen sind.» In der vergangenen Saison startete der Weltcup im polnischen Wisla erstmals auf grünen Matten statt auf Schnee. Pertiles Ideen gehen aber noch viel weiter.

Es gebe die Möglichkeit, «Indooranlagen zu bauen, zum Beispiel in Dubai – wenn wir einen Investor finden würden», sagte er. «Die mobile Anlage mit einer Hillsize von 150 Metern ist unser Ziel. Damit könnten wir überall hin in der Welt.» Eine riesige Schanze, die man quasi überall aufbauen kann? Wettkämpfe in der Wüste? Was halten die Springer von solchen Ideen?

«Ich muss persönlich nicht nach Dubai fliegen, um skizuspringen», sagte Philipp Raimund. «Das sehe ich als ein bisschen sinnlos an. Für mich ist das vollkommen in Ordnung, hier weiterhin zu springen.» Teamkollege Stephan Leyhe sieht die Ideen nicht ganz so negativ. Begeistert wirkt aber auch der 32-Jährige nicht.

Körperliche Grenzen

«Man darf unseren Kern nicht vernachlässigen», sagte Leyhe und denkt an traditionelle Wintersportorte. Skispringen als Ganzjahressport mit einer deutlich verlängerten Saison sieht er kritisch: «Irgendwann hat der Körper auch mal seine Grenzen. Acht Monate würde keiner schaffen.»

Mit Blick auf Pertiles Brasilien-Idee sagt er: «Ich weiß nicht, ob Brasilianer etwas mit Skispringen anfangen können.» Leyhe sei «definitiv bereit», etwas auszuprobieren, sagte aber auch: «Es ist die Frage, ob ich lieber im Schnee von Oberstdorf vor 25 000 Zuschauern springe oder in der Sonne in Brasilien vor null Zuschauern. Das weiß man nicht, wie sich das entwickeln würde.»

Das weiß natürlich auch Pertile nicht, der aktuell von einer Brainstorming-Phase spricht. «Aber es ist eine interessante Phase. Wir sollten offen sein für Neues.»

Thomas Eßer und Patrick Reichardt, dpa

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