Snowboarderin Hofmeister fährt eine Traum-Saison. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Lukasz Gagulski/pap/dpa)

Vor ihrer Fahrt nach Winterberg und in die Geschichtsbücher hat Ramona Hofmeister daheim in Oberbayern noch was zu tun. Schäferhündin Chili will raus und drängt die Ausnahme-Snowboarderin, sich mit den Telefonaten und Interviews zu beeilen. Gleich nach deren ersten Geburtstag nahm Hofmeister die Hündin zuletzt mit auf eine Bergtour, die nun natürlich Lust auf mehr hat.

Am kommenden Wochenende muss Chili aber auf Hofmeister verzichten. Da will die Sportlerin beim Saisonfinale einen famosen Winter krönen und für einen historischen Triumph im Snowboard-Weltcup sorgen.

«Es ist immer noch surreal für mich», sagt die 27-Jährige. Sie meint damit die beiden Kristallkugeln, die sie sich schon vorzeitig sicherte, als Gesamtweltcupsiegerin und Disziplingewinnerin im Parallel-Riesenslalom. Von den 13 bisherigen Saisonrennen gewann Hofmeister fünf und stand bei drei weiteren auf dem Podest, nur zweimal verpasste sie die Top 5. Und nun soll am Samstag im Sauerland der Meilenstein folgen, der Disziplin-Erfolg auch im Parallel-Slalom, wo sie das Klassement vor dem Finale deutlich anführt.

Erfolg für die Geschichtsbücher

Bislang hatten es in der Snowboard-Historie nur die Schweizerin Patrizia Kummer 2014 und Zan Kosir aus Slowenien 2015 geschafft, in einer Saison alle drei Kristallkugeln zu gewinnen. Und das waren noch ganz andere Zeiten, bei den Frauen etwa fanden nur sechs Rennen statt. In den vergangenen zehn Jahren engagierten sich immer mehr Nationen im Snowboard, die Sportart entwickelte sich rasant, die Leistungsdichte nahm enorm zu. Gerade in diesem Umfeld so konstant Weltklasse zu sein, «das ist schon herausragend», lobt der deutsche Verbandssportdirektor Andreas Scheid.

Hofmeister zeichnet eine außergewöhnliche Entschlossenheit aus. «Sie hat einen absoluten Siegeswillen, kann sich absolut auf das Wesentliche fokussieren und performt immer bis zum Schluss», sagt Scheid. «Das Rundumpaket bei Ramona ist einfach grandios.» Dazu kommt eine Leidensfähigkeit: Die Olympia-Dritte von Pyeongchang 2018 und zweimalige WM-Medaillengewinnerin hatte in ihrer Karriere immer wieder mit Rückenproblemen inklusive eines Bandscheibenvorfalls zu kämpfen. In diesem Winter blieb sie dank cleveren Trainings erstmals weitgehend schmerzfrei, wie sie erzählt.

Hoffnungsträgerin vor Olympia 2026

In der Verfassung ist die Polizistin die aussichtsreichste Sportlerin von Snowboard Germany für die nächsten Jahre, wenn als Höhepunkte die WM 2025 in der Schweiz sowie Olympia 2026 in Italien anstehen. «Wir haben noch viel vor mit Ramona», kündigt Scheid an.

Zunächst aber steht nur Winterberg im Fokus, auf das sich Hofmeister schon «wahnsinnig» freut. Sie ist zwar auch etwas traurig, dass das eigentliche Saisonfinale in Berchtesgaden just auf jenem Hang, auf dem sie als kleines Mädchen zum ersten Mal auf einem Snowboard stand, wegen Schneemangels abgesagt wurde. Aber die stets gute Stimmung in Winterberg mache einiges wett, berichtet Hofmeister.

Viel Erfolg – kaum Sponsoreninteresse

Bei ihrer finalen Krönung will die 27-Jährige auch ein anderes Ärgernis ausblenden. Sie ist in diesem Jahr zwar die erfolgreichste deutsche Wintersportlerin auf Schnee noch vor den oft erfolgsverwöhnten Athletinnen und Athleten im Ski alpin, Ski nordisch oder Biathlon. Und dennoch fand sich monatelang kein Helmsponsor für die beste Snowboarderin des Winters. «Wenn man die ersten drei Saisonrennen und dann im Januar einen weiteren Weltcup gewinnt und trotzdem interessiert sich keiner für einen, dann ist das schon ein bisschen traurig», erzählt Hofmeister der Deutschen Presse-Agentur.

Es ist dies das Schicksal kleinerer Disziplinen in Deutschland, die neben den großen Sportarten kaum im Fernsehen gezeigt werden. «Wir haben so viele Mitbewerber auf dem Wintersportmarkt», sagt Funktionär Scheid, «und deshalb keine hohe Sichtbarkeit». Die finanzielle Situation vieler Unternehmen macht die Sponsorensuche noch schwieriger.

Für das Einzelrennen am Samstag in Winterberg und das abschließende Teamevent tags darauf in Winterberg hat Hofmeister nun immerhin noch einen kurzfristigen Unterstützer gefunden. Die Freude über die Kristallkugeln sollen den Sponsoren-Frust überstrahlen – und dann geht es auch wieder zurück zu Schäferhündin Chili.

Von Manuel Schwarz, dpa

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