Am Platzproblem sollte eine neue Erfolgsserie von Ramona Hofmeister nicht scheitern. Die beste Snowboarderin Deutschlands ist umgezogen und hat für ihre Pokale und Medaillen schon einmal einen Regalschrank eingeplant.
«Der ist groß genug», sagt sie, «da wird dann alles dekoriert und präsentiert.» Nachdem die 24-Jährige im vorigen Winter die große Kristallkugel als Weltcup-Gesamtsiegerin und die etwas kleinere als Beste im Parallel-Riesenslalom gewann, sollen in der am Wochenende beginnenden Saison weitere Trophäen dazukommen. Und wenn’s irgendwann auf dem Regal doch eng wird, «ist bei der Mama und dem Papa auch noch Platz», erzählt sie der Deutschen Presse-Agentur und grinst dabei.
Die deutschen Alpin-Snowboarderinnen um Hofmeister und Weltmeisterin Selina Jörg haben sich auf beeindruckende Weise im internationalen Vergleich ganz nach vorne gekämpft. Sie gehen als Gejagte in den ersten Parallel-Riesenslalom am Samstagabend in Cortina d’Ampezzo.
Dass neben den beiden Vollgas-Frauen noch weitere Raceboarder, dazu sensationell zwei junge Freestyler und als Außenseiter auch noch die Snowboardcrosser mit Podiumshoffnungen in den Winter starten, sorgt für leuchtende Augen bei den Verantwortlichen von Snowboard Germany. «Ich bin sehr stolz darauf», sagt Sportdirektor Andreas Scheid. «Aber es geht wieder neu los. Man muss schauen, das Niveau zu halten. Wir wollen uns die nächsten Jahre etablieren.» Deutschland war 2019/20 disziplinübergreifend die zweitbeste Nation im Weltcup.
Mit acht Siegen – sechs in Einzelrennen und zwei in Teamevents – war Hofmeister die Hauptverantwortliche für das Ergebnis. Die Olympia-Dritte von 2018 und WM-Bronzemedaillengewinnerin von 2019 will wieder angreifen – vor allem, nachdem sie erstmals seit Jahren ohne körperliche Beschwerden oder Verletzungen durch den Sommer kam.
Ihre größten Rivalinnen sind die eigenen Teamkolleginnen und die tschechische Ausnahme-Wintersportlerin Ester Ledecka. Für die meiste Unsicherheit sorgt aber Corona. Etliche Events wie der geplante Saisonauftakt in Russland wurden verschoben oder abgesagt – ob die übrig gebliebenen elf Rennen inklusive Saisonfinale bei Hofmeister daheim in Berchtesgaden stattfinden, das ist unklar. «Ich mache mir darüber wenig Gedanken, ich kann es eh nicht ändern», sagt sie.
Gleich zwei Dämpfer setzte es vergangene und diese Woche, als zunächst die im Februar in China geplante WM wegen der Pandemie abgesagt wurde. Am Dienstag wurde der Snowboardcross-Heimweltcup am Feldberg ersatzlos gestrichen. Die Athleten hoffen nun, dass zumindest der WM-Höhepunkt irgendwo nach Europa verlegt wird.
Die Snowboarder müssen seit Wochen und Monaten improvisieren: neue bayerische Infektionsschutzregeln, plötzlich geschlossene Skigebiete oder andere Unwägbarkeiten sorgen immer wieder für Aufregung. «Manchmal müssen wir innerhalb von zwei, drei Stunden die Taktik ändern. Wir sind 24 Stunden online und nehmen Informationen auf», berichtet Scheid. «Wir agieren nicht mehr, sondern reagieren nur noch.»
So wie im Oktober, als sich Selina Jörg mit Corona infizierte und das gesamte Race-Team in Quarantäne musste. Die fehlenden Trainingstage sollen aber kein Hindernis auf dem Weg zu neuen Erfolgen sein. «Ich bin erfahren und habe schon so viele Schneetage hinter mir, das werde ich schon kompensieren», meint die Allgäuerin. Die 32-Jährige hat für ihre Medaillen und Trophäen übrigens auch eine eigens angefertigten Garderobe in der Wohnung. Und auch dort ist noch Platz für mehr.