Im Ziel riss Claudia Pechstein die Arme wie eine Siegerin die Höhe. Abgehängt, aber mit dem Glücksgefühl einer Heldin hat die 49-jährige Eisschnellläuferin am Samstag in Peking ihren einsamen Rekord gefeiert.
Mit dem Start über 3000 Meter hat die Berlinerin als erste Frau ihre achte Teilnahme an Olympischen Winterspielen perfekt gemacht. «Das war ein Sieg für mich. Mit dem Start auf den 3000 Metern habe ich diesen Rekord offiziell geschafft», sagte die fünfmalige Olympiasiegerin. Damit hat sie die Bestmarke des japanischen Skispringers Noriaki Kasai eingestellt. «Da kann man eigentlich nur mit einem Jubeln über die Linie laufen», bekannte sie stolz.
Letzte, «aber das ist mir auch völlig egal»
Da störte es die als enorm ehrgeizig bekannte Ausnahme-Läuferin nicht einmal, dass sie nur Letzte wurde und auch noch ihren Olympischen Rekord verloren hat. In 4:17,16 Minuten belegte Pechstein den 20. Platz unter 20 Starterinnen. «Heute werde ich 20. werden, aber das ist mir auch völlig egal, weil das für mich ein Sieg ist. Das Lustige ist, und das werden wahrscheinlich wenige verstehen, dass ich mit dieser Platzierung immer noch strahlen kann», sagte Pechstein.
Olympiasiegerin wurde die niederländische Europameisterin Irene Schouten in 3:56,93 Minuten, die damit den Olympischen Rekord der Berlinerin unterbot, die vor 20 Jahren bei den Winterspielen in Salt Lake City in 3:57,70 Minuten Gold gewonnen hatte. Zweite im National Speed Skating Oval von Peking wurde die Italienerin Francesca Lollobrigida in 3:58,06 Minuten vor Isabelle Weidemann aus Kanada (3:58,64).
«Das ging runter wie Öl»
Einen Tag, nachdem sie gemeinsam mit Bob-Olympiasieger Francesco Friedrich als Fahnenträgerin die deutsche Mannschaft bei der Eröffnungsfeier ins Vogelnest-Stadion geführt hatte, bremsten sie ihre Emotionen aus. «Ich konnte das nicht wegpacken und mein Rennen machen. Es war nicht so leicht zu laufen, mit den ganzen Komplimenten», sagte die Ausnahmeläuferin.
Auch die Anerkennung, die sie unter anderem durch die Vorstellung des Stadionsprechers als achtmalige Olympia-Teilnehmerin oder die Hochachtung ihrer direkten Konkurrentin Adake Ahenaer bekommen habe, setzten ihr unerwartet emotional zu. Die Chinesin habe Pechstein vorher gesagt, dass sie gegen eine Legende laufe. «Das ging runter wie Öl», berichtete die erfolgreichste deutsche Winter-Olympionikin.
Stolz auf die Wahl als Flaggenträgerin
Noch immer schwärmte Pechstein von dem Erlebnis, als Flaggenträgerin Team D angeführt zu haben. «Olympiasieger gibt es ganz viele, aber Fahnenträger nicht so viele. Deswegen bin ich ganz stolz, dass ich in dem erlesenen Kreis dabei sein darf», sagte die Bundespolizistin. Selbst ihre einstige Konkurrentin Gunda Niemann-Stirnemann, die bei Pechsteins bronzener Olympia-Premiere 1992 in Albertville Olympiasiegerin über 5000 Meter geworden war, hatte zur Wahl als Fahnenträgerin gratuliert. Sie habe geschrieben, dass es endlich mal Zeit werde. «Da bin ich total stolz drauf», sagte die Rekord-Olympionikin.
Ihren zweiten Start in Peking absolviert Pechstein erst in zwei Wochen. Dann steht das Massenstart-Rennen auf dem Programm, von dem sie schon vorher sagte, dass sie auch dort keine Medaillenambitionen hegt. Bis dahin will sie als Fan die anderen deutschen Sportler unterstützen. «Ich möchte die ganze deutsche Mannschaft miterleben und anfeuern, auch mal live dabei sein, denn die anderen Spiele vorher hatte ich immer noch andere Events dazwischen.»