Spätestens beim Interviewmarathon in eisiger Kälte hatte Katharina Althaus ihre Freude über Olympia-Silber wiedergefunden. Stolz hielt die erste deutsche Medaillengewinnerin der Winterspiele in Peking das Maskottchen hoch und gab an den Mikrofonen Einblicke in ihr Gefühlsleben.
«Ich bin mega stolz und freue mich mega», sagte Althaus. Unmittelbar nach dem Wettkampf war das noch nicht so eindeutig zu sehen gewesen. Althaus war im Auslauf der gigantischen Olympia-Schanzenanlage in Zhangjiakou zusammengesackt und völlig überwältigt gewesen. Kurz darauf weinte sie.
«Ich habe mich irgendwie geärgert und gefreut gleichzeitig, und das war dann ein bisschen viel», erklärte Althaus. «Ich glaube, ich kann mir heute nichts vorwerfen.» Die restliche Tagesplanung beschrieb die Allgäuerin so: «Zurück ins Hotel, bissl runterkommen, bissl feiern.»
Kein Glück mit den äußeren Voraussetzungen
Althaus musste sich nur der Slowenin Ursa Bogataj geschlagen geben. Bronze sicherte sich deren Teamkollegin Nika Kriznar. Althaus sprang von der Normalschanze 105,5 und 94 Meter weit. Bei einer ersten Siegerehrung wenige Minuten nach dem Wettkampf jauchzte sie und reckte beide Arme in die Höhe. Dann posierte Althaus für Bilder mit den anderen Medaillen-Gewinnerinnen.
Zur Halbzeit des packenden Wettkampfes mit stark wechselnden Winden hatte sie noch in Führung gelegen. Bei ihrem zweiten Versuch hatte Althaus kein Glück mit den äußeren Umständen. Man hätte auf bessere Bedingungen warten sollen, kritisierte der TV-Experte und frühere Vierschanzentourneesieger Sven Hannawald die Jury. «Katharina hat heute keinen einzigen Fehler gemacht», sagte er im ARD-Studio in Deutschland.
Althaus selbst wollte sich nicht beschweren. «Klar kann man sagen, sie hätten warten können. Aber das gehört zum Skispringen dazu. Den Wind kann man nicht beeinflussen.»
Die Bedingungen waren einfach extrem
Bundestrainer Maximilian Mechler hatte das packende Finale auf dem Trainerturm bangend erlebt. «Ich habe im ersten Moment gezittert, ob es überhaupt noch für ’ne Medaille reicht», sagte er. «Die Bedingungen waren einfach extrem im zweiten Durchgang. Deswegen war ich überglücklich. Das geht ganz schnell auch anders aus.»
Seine beste Springerin war als Favoritin auf eine Medaille in den Wettkampf gestartet. Im Gesamtweltcup liegt Althaus auf Rang zwei. Die führende Marita Kramer aus Österreich konnte wegen einer Corona-Infektion nicht am olympischen Wettkampf teilnehmen. Bei den vergangenen Spielen in Pyeongchang hatte Althaus hinter Maren Lundby ebenfalls Silber gewonnen. Weder die Norwegerin, die die komplette Saison auslässt, noch die formschwache Vogt sind diesmal dabei.
Althaus hat längst Vogts Rolle im deutschen Team eingenommen. Sie ist seit Jahren die konstanteste deutsche Springerin und absolute Leistungsträgerin im Team von Mechler, der das Amt im Sommer von Andreas Bauer übernommen hat.
In Zhangjiakou war Nervenstärke gefragt
Nicht nur wegen der wechselnden Winde, auch aufgrund der Temperaturen im zweistelligen Minusbereich war in Zhangjiakou Nervenstärke gefragt. Althaus und ihre besten Konkurrentinnen aus Slowenien lieferten sich eine große Skisprung-Show vor fast leeren Rängen. Am Ende lagen sich die Sloweninnen in den Armen, Althaus gratulierte ihnen und lachte dabei.
Schon bald hat sie die nächste Möglichkeit, eine weitere Medaille zu gewinnen. Gemeinsam mit einer Teamkollegin, die Mechler am Samstag noch nicht benennen wollte, und zwei Springern aus dem Team von Bundestrainer Stefan Horngacher will sie dann im Mixed-Team angreifen. «Ich freue mich mega, dass wir noch einen zweiten Wettkampf haben», sagte sie. «Ich versuche, die guten Sprünge mitzunehmen und auch am Montag noch so gute Sprünge zu zeigen. Dann wird das, glaub ich, ganz gut.»