Ema Klinec (M) wird nach ihrem Sieg beim Skifliegen in Vikersund gefeiert. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Geir Olsen/NTB/dpa)

Ein Weltrekord von 226 Metern und viele strahlende Gesichter: Das historische erste Skifliegen auf der Riesenanlage von Vikersund hat bei den 15 Skispringerinnen um die dreifache Weltmeisterin Katharina Althaus riesige Glücksgefühle hinterlassen.

«Es war mega geil, hier zu fliegen und Geschichte schreiben zu dürfen», sagte die 26 Jahre alte Althaus, die nach Flügen auf 194 und 190 Meter Rang vier im Klassement belegte.

Slowenin stellt Rekord auf

Im Gegensatz zur slowenischen Tagessiegerin Ema Klinec, die mit Weiten von 226 und 223,5 Meter auf den Spuren der Flug-Männer um Weltrekordhalter Stefan Kraft (253,5 Meter) wandelte, konnte sich die Allgäuerin Althaus einen Traum noch nicht erfüllen. «Leider habe ich die 200 nicht geknackt, es sollte wohl nicht sein. Ich sollte wohl noch eine Saison länger springen müssen. Schauen wir mal», sagte Althaus. Die 200-Meter-Marke sei für sie ein Kindheitstraum.

Klinec, Norwegens Silje Opseth und Japans Yuki Ito, die per Petition aller Trainer ins Starterfeld gehievt wurde, standen zwar auf dem Podium, doch alle 15 Teilnehmerinnen fühlten sich an diesem besonderen Tag wie Siegerinnen. «Es hat so Bock gemacht. Es war richtig, richtig cool. Ich bin echt stolz auf uns. Welches Mädel kann schon sagen, dass sie 173 Meter geflogen ist? Ultra geil», sagte Anna Rupprecht, die neben Althaus und Selina Freitag (10.) als dritte Deutsche dabei war und Tagesrang 14 belegte. Hinter Siegerin Klinec belegten Althaus und Freitag die Gesamtränge zwei und drei bei der eineinhalbwöchigen Raw-Air-Tour in Norwegen.

Im Kampf um immer mehr Gleichberechtigung hatte es Jahre gedauert, bis die Frauen auf der Flugschanze zugelassen wurden. Das erste Wochenende mit dem Training am Samstag und dem Wettbewerb plus Probedurchgang am Sonntag bewies: Auch Frauen können problemlos Skifliegen, es kam in Vikersund zu keinerlei Zwischenfällen. «Ich finde, dass die Kritiker jetzt ganz, ganz still sein sollten. Es gibt nichts auszusetzen. Unsere Körper sind stabil genug, unsere Flugsysteme sind stabil genug», sagte Rupprecht mit etwas gereizter Stimme. Sie sehe den Schritt als «großen Aufschwung für das Frauen-Skispringen».

Das große Ziel: Austragung der Vierschanzentournee

Quasi jede der Skispringerinnen wirkte erleichtert und froh. Schon am Samstag wurden stolz Gruppenfotos im Auslauf geschossen, teilweise wirkte die Reisegruppe Skifliegen wie ein Klassenausflug zu einem besonders aufregenden Abenteuer. Das war es auch. «Wir haben gezeigt, dass Mädels fliegen können und dass die Kritiker im Unrecht waren», sagte Freitag. Die Weitenstreuung war beim ersten Wettbewerb aber noch groß, neben Flügen wie dem von Klinec oder von Kanadas Weltmeisterin Alexandria Loutitt (225 Meter) gab es auch einige Versuche zwischen 140 und 160 Meter.

«Wir sind ziemlich happy, wie das erste Frauen-Skifliegen stattgefunden hat», sagte Bundestrainer Maximilian Mechler. Es habe alles «richtig gut funktioniert», fügte der ehemalige Athlet an. Nach diversen Aufstockungen bei WM, Olympia und im Weltcup sowie der Einführung des Skifliegens gibt es nun nur noch ein großes Ziel: die erstmalige Austragung der Vierschanzentournee, die aktuell für den Winter 2024/25 angepeilt ist.

Bei den Männern war Tournee-Sieger Halvor Egner Granerud der Triumphator des Flug-Wochenendes. Der 26 Jahre alte Norweger gewann nach einem Tagessieg und einem zweiten Platz in Vikersund nicht nur die Raw-Air-Wertung, sondern steht nun auch vorzeitig als Gesamtweltcupsieger fest. Die deutsche Elite verpasste bei beiden Flugwettbewerben die Top-Ten-Plätze. Flugkünstler wie Granerud oder Österreichs Sonntagssieger Kraft sind Andreas Wellinger, Karl Geiger und Co. derzeit deutlich voraus.

Patrick Reichardt und Jordan Raza, dpa

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