Beim diesjährigen Weltcup gab es Kritik am Einsatz und Transport des Kunstschnees von Umweltverbänden. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Olivier Chassignole/AFP/dpa/Archivbild)

Natürlich blieben die voll mit Schnee beladenen Lastwagen nicht lange unbemerkt. Um den Biathlon-Weltcup in Le Grand-Bornand abzusichern, musste wegen der lange zu hohen Temperaturen 24.000 Kubikmeter Schnee organisiert und eine Strecke auf einer zunächst noch grünen Wiese angelegt werden.

In Frankreich entstanden Bilder, die während der Klimakrise viel Kritik auslösten, von einem Lastwagen-Ballett zur Streckenpräparierung war gar die Rede. Und erneut stellt sich die Frage: Welche Zukunft hat der Wintersport angesichts der Klimakrise in Mitteleuropa?

FNE: «Wollen den Wettbewerb nicht verhindern»

«Wir möchten die Absurdität hervorheben, die darin besteht, künstlichen Schnee und viele Lastwagen für einen Wettbewerb zu verwenden, der eigentlich in der Natur stattfinden sollte», sagte Corentin Mele von der Naturschutzorganisation France Nature Environnement Haute-Savoie (FNE) der Deutschen Presse-Agentur. Anders als die Klima-Aktivisten, die Anfang des Monats im norwegischen Lillehammer die Strecke blockierten und so beim Langlauf-Weltcup für viel Aufregung sorgten, haben die französischen Umweltschützer einen anderen Ansatz. «Unsere Methoden basieren eher auf dem öffentlichen Dialog. Wir versuchen auch, das Bewusstsein für Probleme mit Kunstschnee und der Schneeproduktion zu schärfen», sagte Mele: «Wir wollen den Wettbewerb nicht verhindern.»

Öffentlichkeitswirksame Protestaktionen müssen der Weltverband IBU und die Organisatoren der Rennen vor Ort ab Donnerstag wohl nicht fürchten, doch die Themen Nachhaltigkeit und Umweltschutz werden immer drängender. «Es ist sinnvoll, wenn man in Wintersport-Gebieten berücksichtigt, wann es dort Schneesicherheit gibt. Es sollte der Anspruch sein, Energie zu sparen und Kosten zu reduzieren», sagte Werner Aeschbach vom Institut für Umweltphysik in Heidelberg der dpa. Erst in dieser Woche schneite es in der Region in den Hochsavoyen so richtig. Zu spät, um eine Durchführung vor allem auf Naturschnee zu garantieren.

«Es gibt immer weniger Schneesicherheit»

Eine Gruppe von Umweltschützern mahnte an, dass in Le Grand-Bornand alles dafür getan werde, um Austragungsort für die Skijäger zu sein. Auch in den französischen Bergen werde die Umwelt manchmal noch auf dem Altar großer Sportveranstaltungen geopfert, hieß es von FNE weiter. So habe man auch den Termin Mitte Dezember akzeptiert, obwohl der Schnee auf rund 1000 Metern Höhe dann oft noch fehlt. «Die Gebiete, in denen es Schneesicherheit gibt, werden weniger. In 2000 Metern wird es aber immer noch viel Schnee geben. Unter 1000 Meter gibt es diese Sicherheit aber eben mittelfristig nicht mehr», sagte Aeschbach.

Beim Ausrichter stößt die Kritik auf Verständnis. «Wir verstehen, dass die Bilder des Transports des gelagerten Schnees starke Reaktionen hervorrufen. Aber es ist auch wichtig, darauf hinzuweisen, dass dieser Transport weniger als ein Prozent der CO₂-Emissionen der Veranstaltung ausmacht», sagte André Perrillat-Amédé, Bürgermeister und Vorsitzender des Organisationskomitees. Die Hälfte des benötigten Schnees komme aus der Reserve des Wettkampfstadions und müsse daher nicht transportiert werden.

Insgesamt beträgt der CO₂-Fußabdruck des Weltcups laut Veranstalter 4500 Tonnen. Davon seien nur 0,85 Prozent (38 Tonnen) für Verkehr und Schneeproduktion, während die überwiegenden Emissionen (85 Prozent/3825 Tonnen) auf den Personentransport von Fans, Athleten oder Freiwilligen entfallen. «Pro Kopf beträgt der durchschnittliche CO₂-Ausstoß in Deutschland zehn Tonnen im Jahr. Bedeutet: Die 4500 Tonnen sind nicht unerheblich», sagte der Wissenschaftler Aeschbach. Etwa 60 000 bis 65 000 Fans werden erwartet.

IBU: «Nachhaltigkeit künftig ein Grundpfeiler»

Man sei sich bewusst, dass jede Veranstaltung, und insbesondere eine internationale, erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt habe, sagte Perrillat-Amédé. Deswegen habe man bereits Anstrengungen unternommen, um die CO₂-Bilanz zu verringern. Auch die IBU hat sich dem Thema verschrieben, wies aber darauf hin, dass professionelle Wintersport-Weltcups ohne Kunstschnee nicht durchführbar seien. «Nachhaltigkeit ist ein Grundprinzip in der Zukunftsplanung des IBU», hieß es vom Weltverband. In Zukunft solle auch die Planung der Weltcup-Stopps mehr an die Veränderungen durch den Klimawandel angepasst werden.

Der Weltcup bringt der Region Einnahmen von rund fünf Millionen Euro. Geld, auf das ebenso niemand verzichten wollte, wie vor knapp drei Jahren in Oberhof. Weil es im Januar 2020 zu wenig in Thüringen geschneit hatte, wurden mehr als 30 Lkw mit insgesamt rund 2000 Kubikmetern Schnee beladen und aus der Schalker Fußballarena an den etwa 350 Kilometer entfernten Rennsteig gekarrt. Damals hatte das schon für Kopfschütteln gesorgt, mittlerweile würde dies wohl niemand mehr machen.

Und gerade in Oberhof haben sie dazu gelernt. Ein neues großes Depot hilft dabei, dass auch bei schwierigen Bedingungen genügend Schnee vorhanden ist. Deswegen sollte die Durchführung der anstehenden Heim-WM (8. bis 19. Februar 2023) gesichert sein, selbst wenn zu warmes Wetter oder zu wenig Niederschlag noch Probleme bereiten sollte.

Thomas Wolfer, Sandra Degenhardt und Maximilian Wendl, dpa

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