Nach seinem verpatzten Slalom-Doppel just vor dem Saisonhöhepunkt flüchtete sich Linus Straßer in Zweckoptimismus. «Zu verlieren habe ich nichts, und genauso fahre ich zur WM», sagte der Skirennfahrer.
Gleich zwei Torläufe hatte der Münchner am Wochenende in Chamonix als Generalprobe für die Weltmeisterschaft gehabt – die Plätze 17 und 23 aber sorgten eine Woche vor dem Start der Titelkämpfe in Italien für Ernüchterung. Ohne Elan und viel zu verkrampft verspielte Straßer am Sonntag einen siebten Rang nach dem ersten Lauf, wurde durchgereicht – und «dann kriegst du halt eine auf’n Sack», sagte er.
Bei schwierigen Verhältnissen mit einer schon arg ramponierten Piste im zweiten Lauf beanspruchte der Sportler von 1860 München wenigstens für sich, gekämpft zu haben. «Probiert hätte ich es, aber die Piste hat nicht mehr viel zugelassen. Ich hab mich wahnsinnig schwer getan, die Spuren zu treffen», sagte er. Als 23. mit zwei Sekunden Rückstand auf Sieger Henrik Kristoffersen aus Norwegen landete Straßer sogar noch hinter Teamkollege Sebastian Holzmann, der 20. wurde (+1,82).
Als Optimist ließe sich festhalten, dass der 28-Jährige nach zuletzt zwei Ausfällen wenigstens in beiden Slaloms in Frankreich ins Ziel kam und punktete. «Das passt schon», sagte Straßer. Und außerdem habe er mit einem Sieg in Zagreb und Rang zwei in Adelboden ja ohnehin schon «eine unglaublich gute Saison bis hierher» gezeigt, sagte er in der ARD. Er nehme «auf jeden Fall ein gutes Gefühl» mit nach Cortina d’Ampezzo, wo am 8. Februar die WM beginnt.
Zudem zeigte Kristoffersen, dass eine Krise auch schnell überwunden werden kann. Nachdem der Norweger alle Slaloms im Januar bisher außerhalb der Top 5 beendet hatte und als Tiefpunkt am Samstag schon am zweiten Tor ausgeschieden war, schlug er nun famos zurück. Ramon Zenhäusern (+0,28) und sein Schweizer Teamkollege Sandro Simonet (+0,66) fuhren auf die Plätze zwei und drei; Simonet krönte dabei übrigens eine grandiose Aufholjagd von Platz 30 in Lauf eins bis auf das Podium.
Realisten bemerken bei Straßer aber, dass dem besten Torläufer des Deutschen Skiverbands die Erfolgsformel abhanden gekommen ist. In Chamonix habe man «schon ein bisschen was anderes erwartet», sagte Wolfgang Maier der Deutschen Presse-Agentur. Der DSV-Alpinchef glaubt nicht an ein Kopfproblem bei seinem Fahrer, sondern erkannte schlicht zu viele technische Fehler, etwa eine zu tiefe Körperhaltung, «zu viel Kampf, zu wenig Eleganz oder Klasse». Also all das, was Straßer in Zagreb und Adelboden anders gemacht hatte.
Nach sieben Slaloms in nur einem Monat soll Straßer nun etwas Abstand helfen, ehe er in die Dolomiten aufbricht. Maier schlug vor, auch mal etwas Training in anderen Disziplinen einzustreuen, «dass ihm das seine Form und Lockerheit für den Slalom zurückgibt». Der Münchner ist in Cortina auch für das Parallel-Event vorgesehen, zudem ist er ein Kandidat für den Teamevent und für die Alpine Kombination.
Ein Straßer in Topform könnte bei der ersten WM seit dem Rücktritt des langjährigen Erfolgsfahrers Felix Neureuther also in mehreren Disziplinen für Freude sorgen – wenn er die Formdelle überwindet. Sollte das nicht gelingen, wird es auf die Speedfahrer ankommen. Kira Weidle ist eine Mitfavoritin in der Abfahrt. Ihre WM-Generalprobe im Super-G steigt erst an diesem Montag (10.50 Uhr), weil das Rennen in Garmisch-Partenkirchen am Sonntag wegen Nebels verschoben wurde.