Johannes Lochner hat Bob-King Francesco Friedrich vom Thron gestürzt und erstmals den WM-Titel im Zweierbob gewonnen. Der ewige Zweite nutzte die sich bietende Chance nach der Muskelverletzung des Rekordweltmeisters auf den Punkt genau aus.
Der für Stuttgart startende Berchtesgadener setzte sich mit Anschieber Georg Fleischhauer am Sonntag in St. Moritz mit 0,49 Sekunden Vorsprung souverän gegen den zweimaligen Doppel-Olympiasieger durch, der sich vor vier Wochen eine Muskelverletzung zugezogen hatte und mit Alexander Schüller fuhr. Dritter wurde der Schweizer Michael Vogt.
«Letzte Ding auf der To-do-Liste»
«Das war das letzte Ding auf der To-do-Liste in diesem Sport. Wie oft ich Zweiter wurde, das wurmt einen. Irgendwann will man Franz mal schlagen. Das war mein großes Ziel. Es hat geklappt, ich bin mega happy, mir fällt ein Riesenstein vom Herzen», sagte der 32-jährige Lochner. Cheftrainer René Spies betonte: «Hansi war die ganzen Jahre immer ein fairer Verlierer, diesmal hat für ihn alles gepasst und er hat verdient gewonnen.»
Friedrich, der zuletzt sieben WM-Siege hintereinander im kleinen Schlitten holte und seit 2017 bei WM und Olympia ungeschlagen war, nahm seinen Dauerrivalen im Zielauslauf als Erster in den Arm. «Mehr war nicht drin, Hansi und Georg waren am Start durchgängig besser, in der Bahn auch und hatten auch beim Material die bessere Wahl. Insgesamt also verdient gewonnen.»
Der zur WM-Halbzeit zurückliegende Friedrich konterte trotz seiner Verletzung im dritten Lauf überraschend mit Startbestzeit (5,02 Sekunden), leistete sich aber in der Natureisbahn im Schweizer Engadin, wo genau vor zehn Jahren seine Serie als damals jüngster Zweierbob-Weltmeister startete, zu viele fahrerische Patzer. Am Ende rettete er Silber dank einer Hundertstelsekunde Vorsprung vor dem Schweizer.
«Schadensbegrenzung» für Friedrich
Der im Team nur Hansi gerufene Bayer schlug den Sachsen mit dessen Erfolgsrezept: Topstarts und Können an den Lenkseilen. Friedrich sprach schon zur WM-Halbzeit von «Schadensbegrenzung». Pikant wird der WM-Coup mit der Tatsache, dass der ehemalige Hürdenläufer Fleischhauer einst beim Friedrich-Club BSC Sachsen Oberbärenburg begann. Zuletzt trainierte er beim SC Potsdam unter der Regie von Kevin Kuske – Deutschlands erfolgreichsten Bobfahrer in der Olympia-Geschichte.
Seit diesem Winter startete er mit Lochner voll durch. «Jetzt wollen wir auch den Gesamtweltcup holen», sagte der gebürtige Halberstädter Fleischhauer, der seinen Piloten zum Weitermachen bis Olympia 2026 in Cortina d’Ampezzo überreden will. Noch blockt der neue Champion ab. «Diese Entscheidung treffe ich nach der Saison mit meiner Familie. Fakt ist, so viel Spaß wie jetzt hat es lange nicht gemacht.»
Bei den Frauen holte Laura Nolte den ersten deutschen WM-Titel im Monobob. Nach Bronze bei der WM-Premiere 2021 setzte sich die Zweierbob-Olympiasiegerin von Peking mit 0,40 Sekunden Vorsprung vor Monobob-Olympiasiegerin Kaillie Humphries aus den USA durch. Dritte wurde Lisa Buckwitz vom BCR Thüringen. «Das Ziel war eine Medaille nach dem enttäuschenden vierten Platz bei Olympia. Dass ich gleich gewinne, hätte ich nicht gedacht. Kaillie ist immer eine Bank im Mono, sie ist immer die stärkste Kontrahentin. Das macht den Sieg umso wertvoller», sagte die 24-jährige Nolte, die 2016 in Lillehammer Jugend-Olympiasiegerin im Monobob wurde. In Peking bei der Premiere dieser Disziplin verpasste sie als Vierte um drei Zehntelsekunden knapp eine Medaille.